2013

Häuslicher Übungsraum eines Berufsmusikers gilt als Arbeitszimmer

Mit Urteil vom 10.10.2012 stellte der Bundesfinanzhof klar, dass das häusliche Übungszimmer eines Berufsmusikers als Arbeitszimmer zu werten ist. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Die Höhe der abziehbaren Aufwendungen ist auf 1.250 EUR pro Jahr begrenzt, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Beschränkung der Höhe gilt nur dann nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Im Streitfall hatte eine Klarinettistin bei der Ermittlung ihrer Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit für das Streitjahr 2007 Betriebsausgaben in Höhe von 3.086,33 EUR für einen innerhalb ihrer Wohnung gelegenen Probenraum geltend gemacht. Der Betrag entsprach 21,49 % der anteiligen Raumgröße und somit der Gesamtkosten der Wohnung. Das Finanzamt berücksichtigte die Raumkosten im Einkommensteuerbescheid 2007 nicht, da der Raum die Eigenschaft eines Arbeitszimmers aufweise und nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit der Klägerin bilde. Im Klageverfahren vor dem FG belegte die Musikerin mit Fotos, dass sich in dem Übungszimmer ausschließlich Musikinstrumente, ein Sekretär mit Werkzeugen und Materialien zur Präparation von Klarinettenmundstücken sowie Regale zur Aufbewahrung von Noten, Werkanalysen etc. befanden. Ein Schreibtisch, Computer, Telefon und dergleichen waren nicht vorhanden. Das FG gab der Klage mit seinem Urteil vom 13.10.2010 mit der Begründung statt, der von der Klägerin als Übungszimmer genutzte Raum sei kein Arbeitszimmer im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung. Dem widersprach nun der Bundesfinanzhof. Zwar ist typischerweise ein häusliches Arbeitszimmer mit Büromöbeln und einem Schreibtisch eingerichtet, doch ist dies nicht zwingend erforderlich. Es muss auch nicht nach Funktion und Ausstattung nur zur büromäßigen Erledigung konzeptioneller und organisatorischer Arbeiten bestimmt sein. Ein beruflich genutzter Archivraum mit Büchern und Akten kann ebenso der vorbereitenden und unterstützenden Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dienen und dadurch Teilfunktionen erfüllen, die üblicherweise einem häuslichen Arbeitszimmer zukommen. Analog ist das Übungszimmer der Klägerin zu bewerten, in dem Noten, Partituren, CDs und musikwissenschaftliche Literatur aufbewahrt wurden. Mit dem Präparieren der Klarinettenmundstücke und dem Erarbeiten, Einstudieren und Proben von Musikstücken bereitete sie sich auf ihre eigentliche Beschäftigung vor, nämlich dem Aufführen im Rahmen eines Orchesters und zwar außerhalb des Übungsraumes. Damit unterscheidet sich die Nutzung des Zimmers durch die Klägerin nicht wesentlich von der durch Angehörige anderer Berufe, wie beispielsweise Hochschullehrern, Dozenten oder Rechtsanwälten, die im häuslichen Arbeitszimmer Vorträge und Vorlesungen vorbereiten oder Schriftsätze abfassen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Hintergründe zur Nachricht:

Berufsmusiker darf Kosten für ein häusliches Übungszimmer uneingeschränkt steuerlich absetzen

Kindergeld bei Praktikum als Berufsausbildung

Der Vorbereitung auf ein Berufsziel und damit der Berufsausbildung dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind, und zwar unabhängig davon, ob die Ausbildungsmaßnahmen in einer Ausbildungsordnung oder Studienordnung vorgeschrieben sind. Sie müssen auch nicht in jedem Falle dem Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten dienen, die für den angestrebten Beruf zwingend notwendig sind, oder ununterbrochen ausgeübt werden. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 22.11.2011. Im Streitfall hatte die Tochter des Klägers, einem Podologen, nach dem Besuch einer Berufsfachschule ab Juni 2007 ihn bei dessen Tätigkeit für jeweils eine Woche im Monat als Praktikantin begleitet. Ab August 2008 begann sie eine zweijährige Ausbildung zur Podologin an einer Facheinrichtung. Die Familienkasse erkannte ab Juni 2007 keinen Kindergeldanspruch an. Sie wertete die durchgehend durchgeführte Tätigkeit nicht als eine Berufsausbildung. Es sei nicht erkennbar, dass die Tochter in die theoretischen Grundlagen der Tätigkeit eines Podologen eingeführt worden sei oder praktische Aufgaben selbständig ausgeführt habe. Zudem habe kein detaillierter Ausbildungsplan vorgelegen, der darauf abgezielt habe, unter fachkundiger Anleitung für die Ausübung des angestrebten Berufs wesentliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln. Auch aufgrund der nur geringen zeitlichen Inanspruchnahme habe es an einer ernsthaften und ausreichenden Vorbereitung auf ein Berufsziel gefehlt. Der Bundesfinanzhof widersprach nun mit seinem Urteil der Auffassung der Familienkasse. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Im Streitfall war die jeweils einwöchige Teilnahme während eines Monats ausreichend, um die Tätigkeit der Tochter als Berufspraktikum anzusehen, da dafür keine ununterbrochene Tätigkeit Voraussetzung ist. Entgegen der Auffassung der Familienkasse ist auch nicht erforderlich, dass dem Praktikum ein detaillierter Ausbildungsplan zugrunde liegt. Da die Tochter des Klägers ab August 2008 eine Fachausbildung zur Podologin aufnahm, waren die Maßnahmen geeignet, um Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs zu erwerben.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Meldung als Arbeitsuchender nach dem Ende der Berufsausbildung

Anscheinsbeweis und 1-%-Regelung

Der Beweis des ersten Anscheins, der für eine private Nutzung betrieblicher PKW spricht, ist entkräftet, wenn für private Fahrten andere Fahrzeuge zur Verfügung stehen, die dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar sind. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 04.12.2012. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die private Nutzung eines Fahrzeuges, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises zum Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Diese Bewertungsregel kommt nicht zum Tragen, wenn das Fahrzeug nachweislich nicht privat genutzt wurde. Im entschiedenen Fall war innerhalb einer GbR auf einen der Gesellschafter im Streitjahr 1999 ein PKW Porsche 911 zugelassen, der zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehörte. Das Finanzamt bezog im Streitjahr bei der Gewinnfestsetzung für die Gesellschaft einen privaten Nutzungsanteil für den PKW Porsche 911 in Höhe von 21.166 DM ein. Bei der Veranlagung ging es davon aus, dass die Zulassung des Wagens auf den Gesellschafter während des gesamten Kalenderjahres bestanden hatte. Entsprechend wurde bei der Festsetzung der Umsatzsteuer verfahren. Während des Klageverfahrens vor dem FG stellte sich allerdings heraus, dass die Zulassung für den PKW Porsche 911 im Streitjahr nur von April bis November auf den Gesellschafter lief. Während des gesamten Streitjahres war daneben ein in seinem Privatvermögen befindlicher Porsche 928 S4 und von Juli bis Dezember zudem ein Volvo V70 T5 auf ihn zugelassen. Das FG gab der Klage des Gesellschafters insoweit statt, als das Finanzamt für die Zeiträume vor und nach der Zulassung des Wagens auf ihn einen privaten Nutzungsanteil angesetzt hatte. Das Finanzamt ging in Revision, die der Bundesfinanzhof jedoch zurückwies. Der Gesellschafter habe den Beweis des ersten Anscheins, der für eine private Nutzung des betrieblichen PKW Porsche 911 spreche, entkräftet. Die Zeit, in der das Fahrzeug nicht auf ihn zugelassen war, scheide für jegliche private Nutzung aus. Zudem haben ihm gleichwertige Fahrzeuge zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden. Der im Privatvermögen befindliche PKW Porsche 928 S4 ist dem betrieblich genutzten Porsche 911 in etwa gleichwertig. Da die Ehefrau in der zweiten Jahreshälfte 1999 über einen im Privatvermögen befindlichen Kombi Volvo V70 T5 verfügen konnte, sei der Beweis des ersten Anscheins, der für eine private Nutzung des betrieblichen Kraftfahrzeugs Porsche 911 ihrerseits spreche, auch für den Zeitraum Juli bis November 1999 erschüttert. Hinzu kommt, dass die Frau einen Haushalt mit fünf minderjährigen Kindern zu bewältigen hatte, wofür logischerweise der Kombi Volvo V70 T5 genutzt wurde. Es wäre Aufgabe des Finanzamts gewesen, die private Nutzung des PKW Porsche 911 durch den Gesellschafter im fraglichen Zeitraum zu beweisen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Mindestanforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Leerstand von Wohnungen

In seinem Urteil vom 11.12.2012 konkretisierte der Bundesfinanzhof die erforderlichen Voraussetzungen, um Aufwendungen für langjährig leerstehende Wohnimmobilien als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen zu können. Entscheidend ist demnach, dass der Steuerpflichtige die Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich dieses Objekts erkennbar aufgenommen und sie später nicht aufgegeben hat. Im Einzelfall kann jedoch ein besonders lang andauernder Leerstand – auch nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung – dazu führen, dass eine vom Steuerpflichtigen aufgenommene Einkünfteerzielungsabsicht ohne sein Zutun oder Verschulden wegfällt. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit von Vermietungsbemühungen als Voraussetzung einer fortbestehenden Einkünfteerzielungsabsicht trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Im Streitfall ging es um zwei Wohnobjekte in einem 1983 bezugsfertig gewordenem Haus. Es handelte sich um eine Wohnung im ersten Obergeschoss, die bis August 1997 vermietet war und ein im Dachgeschoss liegendes Zimmer mit Bad, das allerdings noch nie vermietet werden konnte. Die anderen Räumlichkeiten nutzte der Kläger selbst. Etwa vier Mal im Jahr schaltete der Kläger Anzeigen in einer überregionalen Zeitung, in denen er die leer stehende Wohnung möbliert zur Anmietung anbot – leider erfolglos. Nach Aussage des Klägers hat sich kein nach seinen Vorstellungen geeigneter Mieter gemeldet. Wegen des Leerstands machte er in seinen Einkommensteuererklärungen Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung geltend, die weder das Finanzamt noch das FG unter Hinweis auf eine fehlende Vermietungsabsicht des Klägers berücksichtigten. Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück und bestätigte damit die Entscheidungen der Vorinstanzen. Er rügte die Vermietungsbemühungen des Klägers als ungenügend ernsthaft und nachhaltig. Ihm ist es zwar selbst überlassen, welche Werbemaßnahmen er einsetzt, die geschalteten Zeitungsanzeigen seien jedoch offensichtlich ohne Erfolg und somit ungeeignet gewesen. Er hätte demzufolge andere Vermarktungsmöglichkeiten erschließen, beispielsweise durch Einschaltung eines Maklers, und seine Vermietungsbemühungen intensivieren müssen. Zudem wären etwa bei der Miethöhe oder im Hinblick auf die für ihn als Mieter akzeptablen Personen Zugeständnisse machbar gewesen, um einen totalen Mietausfall zu vermeiden. Da der Kläger dies nicht getan habe, sei davon auszugehen, dass er den Entschluss zur Einkünfteerzielung aufgegeben habe.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater

Keine erhöhte Absetzung für außergewöhnliche technische Abnutzung für rechnerisch abgeschriebene Fahrzeuge

Erleidet ein Arbeitnehmer mit seinem Privatfahrzeug auf der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Unfall und veräußert er danach das Fahrzeug in nicht repariertem Zustand, so ermittelt sich der als Werbungskosten abziehbare Betrag nach der Differenz zwischen dem fiktiven Buchwert vor dem Unfall und dem Veräußerungserlös. So entschied der BFH in seinem aktuellen Urteil vom 21.08.2012. Im Streitfall erlitt der Kläger im Jahre 1999 auf dem Weg zwischen Arbeitsstätte und Wohnung einen Verkehrsunfall. Die Reparaturkosten am Wagen hätten ca. 10.000 DM betragen. Nach Angaben des Klägers betrug der Zeitwert vor dem Unfall 11.500 DM. Er verkaufte das Fahrzeug nach vier Tagen ohne es zu reparieren für 3.500 DM. Vorher holte er die telefonische Auskunft einer Sachbearbeiterin des Finanzamts zur steuerlichen Behandlung von Unfallschäden ein. Diese hatte mitgeteilt, er könne als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit den Differenzbetrag zwischen dem Zeitwert des Wagens vor dem Unfall und dem Zeitwert nach dem Unfall geltend machen. Dies gelte auch, wenn er den Wagen nicht reparieren ließe. Die Differenz von 8.000 DM zwischen dem Zeitwert vor dem Unfall und dem Veräußerungserlös machte der Kläger als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt allerdings ließ im Einkommensteuerbescheid die Unfallkosten steuerlich völlig unberücksichtigt. Es ging für die Berechnung des als Werbungskosten abziehbaren Substanzschadens (bei unterbliebener Reparatur) nicht vom Zeitwert des Fahrzeugs vor dem Unfall, sondern von den um fiktive Absetzungen für Abnutzung geminderten Anschaffungskosten (fiktiver Buchwert) aus. Da sich der Unfall sieben Jahre nach der Erstzulassung ereignete, war das Fahrzeug gemäß AfA-Tabelle total abgeschrieben. Der BFH bestätigte nun die Auffassung der Vorinstanzen mit Bezug auf § 7 EStG, wonach im Streitfall eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung gegeben war, für deren Bewertung vom Buchwert auszugehen ist. Das bedeutet zugleich, dass Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung nur möglich sind, wenn noch ein Buchwert vorhanden ist. Der Schrottwert ist gegenzurechnen. Dies gilt ungeachtet der unrichtigen telefonischen Aussage der Sachbearbeiterin des Finanzamts. Die Auskunft löst keine Bindungswirkung gegenüber dem Steuerpflichtigen aus.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz