2013
Verlängerter Kindergeldbezug auch bei einem Studium während des Zivildienstes
Ein Kind, das den gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienst geleistet hat, ist über die Vollendung des 25. Lebensjahrs hinaus für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum kindergeldrechtlich auch dann zu berücksichtigen, wenn es während der Dienstzeit zugleich für einen Beruf ausgebildet und als Kind berücksichtigt wurde. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 05.09.2013. Im Streitfall leistete der Sohn des Klägers nach dem Abitur von November 2004 bis Juli 2005 neun Monate Zivildienst. Parallel war er von Oktober 2004 bis März 2005 an einer Universität im Fachbereich Mathematik immatrikuliert. Im Oktober 2005 begann er ein Studium der Physik. Im April 2010 vollendete der Sohn sein 25. Lebensjahr, war aber noch bis Ende August 2010 immatrikuliert. Für die gesamte Zeit bis April 2010, auch für Zeit des Zivildienstes, wurde Kindergeld gezahlt. Ab Mai 2010 hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes auf, da die Altersgrenze überschritten sei. Die Verlängerungszeit nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG wegen Ableistung des Wehr- bzw. Zivildienstes sei bereits während des Studiums an der Universität berücksichtigt worden. Die anschließende Klage hatte nur zum Teil Erfolg. Nach Ansicht des FG sei der Verlängerungszeitraum um die sechs Monate des neben dem Zivildienst betriebenen Studiums zu kürzen. Allerdings verlängere sich für die restlichen drei Monate des Zivildienstes der Bezug des Kindergeldes. Der Bundesfinanzhof widersprach beiden Vorinstanzen. Grundsätzlich wird Kindergeld nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs gewährt. Über diese Altersgrenze hinaus wird ein Kind gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ausnahmsweise berücksichtigt, wenn es den gesetzlichen Grundwehrdienst oder den Zivildienst geleistet hat. Der Endzeitpunkt für die Gewährung des Kindergeldes wird in diesem Fall um einen der Dauer des geleisteten Dienstes entsprechenden Zeitraum (im Streitfall neun Monate) hinausgeschoben. Der Gesetzgeber habe im vorgenannten Paragraphen eine typisierende Regelung getroffen mit dem Zweck, eine durch die Ableistung des Dienstes eingetretene Ausbildungsverzögerung, die dem Regelfall entspricht, zu kompensieren. Daher sei entgegen der Auffassung des FG nicht darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang sich durch die Dienstzeit die Ausbildung für einen Beruf tatsächlich verzögert habe.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen
In Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 17.07.2013 die Anforderungen präzisiert, die für einen steuermindernden Abzug von Betriebsausgaben bei der Vergütung von Arbeitsleistungen naher Angehöriger gelten. So ist bei Arbeitsverträgen zwischen nahen Angehörigen die Intensität der erforderlichen Prüfung der Fremdüblichkeit der Vertragsbedingungen auch vom Anlass des Vertragsschlusses abhängig. Hätte der Steuerpflichtige im Falle der Nichtbeschäftigung seines Angehörigen einen fremden Dritten einstellen müssen, ist der Fremdvergleich weniger strikt durchzuführen. Leistet der beschäftigte Angehörige unbezahlte Mehrarbeit über seine vertragliche Stundenzahl hinaus, steht das der Anerkennung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich nicht entgegen. Etwas anderes gilt nur, wenn die vereinbarte Vergütung nicht als Gegenleistung für die Tätigkeit des Angehörigen angesehen werden kann (beispielsweise verdeckter Unterhalt) und deshalb auf das Fehlen eines Rechtsbindungswillens schließen lässt. Eine unterbliebene Führung von Arbeitszeitnachweisen betrifft in der Regel nicht die Frage der Fremdüblichkeit der Arbeitsbedingungen, sofern nicht aus einem betriebsinternen Fremdvergleich Gegenteiliges folgt. Allerdings haben derartige Aufzeichnungen für den Steuerpflichtigen Bedeutung, um die tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen des Angehörigen in dem vertraglich vereinbarten Umfang nachzuweisen. Im entschiedenen Fall betrieb der Kläger als Einzelunternehmer eine im Aufbau befindliche Werbeagentur. Er schloss zunächst mit seinem in Frührente befindlichen Vater, später auch mit seiner Mutter einen Arbeitsvertrag ab. Darin war fixiert, dass die Eltern für den Kläger Bürohilfstätigkeiten im Umfang von 10 bzw. 20 Wochenstunden erbringen sollten. Das Finanzamt versagte den Betriebsausgabenabzug mit der Begründung, es seien keine Aufzeichnungen über die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden geführt worden. Auch das FG entschied nicht im Sinne des Klägers. Da die Eltern tatsächlich mehr als die vertraglich vereinbarten Wochenstunden gearbeitet hätten, seien die Arbeitsverträge nicht korrekt umgesetzt worden. Fremde Arbeitnehmer hätten sich darauf nicht eingelassen. Der Bundesfinanzhof widersprach nun mit seinem Urteil den Vorinstanzen. Lohnzahlungen an einen im Betrieb des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen sind als Betriebsausgaben abziehbar, wenn der Angehörige aufgrund eines wirksamen, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechenden Arbeitsvertrags beschäftigt wurde, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbrachte und der Steuerpflichtige alle Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung, erfüllt hat. Der Umstand, dass beide Elternteile „unbezahlte Mehrarbeit“ leisteten, ist für die steuerrechtliche Beurteilung nicht relevant. Das Führen von Arbeitszeitnachweisen betrifft hier auch nicht die Frage der Fremdüblichkeit des Arbeitsverhältnisses, sondern hat allein Bedeutung für den dem Steuerpflichtigen obliegenden Nachweis, dass der Angehörige die vereinbarten Arbeitsleistungen tatsächlich erbracht hat. Insofern stand der Anerkennung der Arbeitsverhältnisse der Eltern des Klägers nichts im Wege.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Keine rückwirkende Verzinsung der Einkommensteuernachzahlung bei rückwirkendem Wegfall eines Investitionsabzugsbetrags
Der Wegfall der Investitionsabsicht vor Ablauf der Investitionsfrist hat zur Folge, dass die Gewinnminderung durch den Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen ist. Die betreffende Einkommensteuer muss nachgezahlt werden, aber ohne einen Zinszuschlag. Dies entschied der Bundesfinanzhof zugunsten der Unternehmer mit seinem Urteil vom 11.07.2013. Im entschiedenen Fall hatte eine Dachdecker-KG im Jahr 2007 Investitionsabzugsbeträge u. a. in Höhe von 6.400 € für den für 2009 geplanten Einbau von Schiebetoren und von 14.000 € für den für 2010 geplanten Erwerb eines Kastenwagens erhalten. Mit Einreichung der Bilanz für 2009 löste die KG beide Investitionen auf, weil diese nicht mehr durchgeführt würden. Das Finanzamt erhöhte daraufhin rückwirkend den Gewinn des Jahres 2007 um 20.400 €. Die KG verlangte in dem Zusammenhang die zusätzliche Feststellung, dass die Änderung auf einem rückwirkenden Ereignis im Sinne des § 233a Abs. 2a AO beruhe. Dies habe zur Folge, dass die zu leistende Nachzahlungen erst ab dem 15. Monat nach Eintritt des zur Änderung führenden Ereignisses zu verzinsen seien. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück. Allerdings gaben sowohl FG als auch der Bundesfinanzhof dem Antrag der KG statt und widersprachen damit der gegenteiligen Gesetzesauslegung durch die Finanzverwaltung. Das Gesetz bezieht sich auf durchgeführte Investitionen, für die rückwirkend der Investitionsabzugsbetrag gestrichen werden muss, weil bestimmte Nutzungsvoraussetzungen nicht eingehalten wurden. Für diese Nachzahlungen gelte die rückwirkende Verzinsung. Bei Ausbleiben der Investition ergibt sich zwar eine vergleichbare Rechtslage, für diesen Fall habe aber der Gesetzgeber die rückwirkende Verzinsung nicht ausdrücklich angeordnet. Es sei auch nicht von einem Versehen des Gesetzgebers auszugehen. Deshalb gelte der Grundsatz, dass auf einem rückwirkenden Ereignis beruhende Steuernachzahlungen nicht rückwirkend zu verzinsen seien.
Anmerkung: Diese Entscheidung gilt allerdings nur für die Vergangenheit. Für ab 2013 beanspruchte Investitionsabzugsbeträge wurde die Verzinsung der Einkommensteuer bei rückwirkendem Wegfall des Anspruchs durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013 ausdrücklich gesetzlich geregelt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
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Geltendmachung eines Investitionsabzugsbetrages nach Abschluss der begünstigten Investition
Keine Abziehbarkeit von Aufwendungen für Auslandsreisen zur Erholung und gleichzeitiger Anfertigung von Lehrbüchern
Mit seinem Urteil vom 07.05.2013 entschied der Bundesfinanzhof, dass die Aufwendungen für Auslandsreisen eines nebenberuflichen Autors nicht abzugsfähig sind, da die Kosten untrennbar sowohl betrieblich als auch privat veranlasst seien. Im konkreten Streitfall hatte ein zu 90% schwerbehinderter Lehrer, der Kläger, auf ärztlichen Rat hin Reisen in südliche Länder unternommen. In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre begehrte der Kläger den Abzug von Kosten als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit für Reisen zu einem angemieteten Ferienhaus in Italien (2001 und 2002) sowie zu einem seiner Ehefrau gehörenden Ferienhaus in Spanien (2003 und 2004). Er begründete dies mit seiner nebenberuflichen Autorentätigkeit, da er an den Urlaubsorten Lehrbücher zur kaufmännischen Ausbildung aktualisierte. Nach seinen Angaben habe er sich dort nur in den Ferienhäusern aufgehalten und zehn Stunden täglich an seinen Lehrbüchern gearbeitet, aber sonst keinerlei touristische Aktivitäten entfaltet. Das Klima und der Ausblick haben ihm zur Erholung genügt. Wegen seiner Schwerbehinderung habe ihn die Ehefrau begleiten müssen, sodass er darüber hinaus den Abzug der Kosten der Begleitung durch seine Ehefrau als außergewöhnliche Belastung beantragte. Der Bundesfinanzhof stützte die Auffassungen der Vorinstanzen und erkannte mit seinem Urteil die Reiseaufwendungen insgesamt nicht als Betriebsausgaben an, denn die Aufwendungen konnten nicht in einen beruflichen und einen privaten Teil aufgeteilt werden. Zudem hätte der berufliche Teil auch daheim erledigt werden können. Die Reisen dienten sowohl der Erholung am Ferienort als auch der schriftstellerischen Tätigkeit und griffen untrennbar ineinander. Ebenso seien die Reisekosten für die mitgereiste Ehefrau nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, weil insoweit kein durch die Behinderung des Klägers bedingter Mehraufwand entstand. Es sei davon auszugehen, dass die Ehefrau aus eigenem Interesse auch dann mitgereist wäre, wenn ihr Mann keine schwere Behinderung hätte.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, chemnitz
Anschaffungsnebenkosten bei unentgeltlichem Eigentumserwerb
Kosten für Erbauseinandersetzungen sind als Anschaffungsnebenkosten im Sinne des § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB als Absetzung für Abnutzung (AfA) abziehbar, wenn sie der Überführung bebauter Grundstücke von der fremden in die eigene Verfügungsmacht und damit der alleinigen Verwirklichung des Tatbestands der Einkunftserzielung dienen. Dies entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 09.07.2013. Im Streitfall hatte die Klägerin von ihren Eltern zwei mit Wohngebäuden bebaute, vermietete Grundstücke als Alleineigentümerin geerbt. Die Kosten hierfür (u. a. Notar- und Grundbuchkosten) machte sie bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab, da Kosten, die mit einem unentgeltlichen Erwerb (hier: Erbfall) zusammenhingen, generell nicht abziehbar seien. Das FG hingegen hatte der Klage stattgegeben und der Bundesfinanzhof bestätigte nun dessen Rechtsauffassung. Die Kosten für die Auseinandersetzung des Nachlasses dienten dem Erwerb des Alleineigentums an dem Vermietungsobjekt. Sie seien deshalb wie bei einem teilentgeltlichen Erwerb in voller Höhe als Anschaffungsnebenkosten abziehbar. Dabei muss der Erwerber gemäß § 11d Abs. 1 EStDV die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Rechtsvorgängers fortschreiben. Die beim Rechtsnachfolger angefallenen Anschaffungs- und Herstellungskosten werden nicht erfasst. Die Anschaffungsnebenkosten erhöhen die Bemessungsgrundlage für die AfA. Diese kann nur für abnutzbare Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gilt das nur für das Gebäude, nicht aber für den anteiligen Wert des Grundstücks. Der Bundesfinanzhof hat die behandelte Sache deshalb an das FG zurückverwiesen, damit es die noch fehlenden Feststellungen nachholt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz