Erstattung der Steuer für einen Verdienstausfallschaden ist einkommensteuerpflichtig

von Björn Keller

Wie der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 15. Oktober 2024 (IX R 5/23) entschied, muss die Einkommensteuer, die für den Ersatz eines Verdienstausfallschadens zu zahlen und dann vom Schädiger zu ersetzen ist, vom Geschädigten versteuert werden. Die auf den Verdienstausfallschaden entfallende Einkommensteuer gehört zu den steuerbaren Einkünften gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Wird die vom Schädiger zu erstattende Steuerlast auf den Verdienstausfallschaden erst zu einem späteren Veranlagungszeitraum gezahlt, liegt dennoch keine für eine tarifermäßigte Besteuerung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG erforderliche Zusammenballung von Einkünften vor. Der Ersatz eines Verdienstausfallschadens stellt keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG dar. Im Streitfall wurde die Klägerin aufgrund eines schweren medizinischen Behandlungsfehlers erwerbsunfähig. Sie erhielt von der Versicherung des Schädigers jährlich ihren Verdienstausfallschaden ersetzt. Die Zahlungen musste sie als Entschädigung für entgehenden Arbeitslohn gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG versteuern. Zwischen der Versicherung und der Geschädigten war vereinbart, dass der Schaden "nach der modifizierten Nettolohntheorie abgerechnet" wird. Dadurch wurden die tatsächlich angefallenen Steuern nachträglich erstattet. In den Streitjahren 2018 und 2019 kam die Versicherung dieser gesetzlichen Pflicht nach und erstattete die von der Klägerin in den Vorjahren bereits geleisteten Einkommensteuerzahlungen für die erhaltenen Entschädigungsleistungen. Das Finanzamt und das FG behandelten diese Erstattungen als Einkünfte, die demgemäß selbst der Einkommensteuer unterliegen. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass es sich um einen Steuerschaden handele, da es sich beim Ersatz der Steuer nicht um den Ersatz von Einnahmen, sondern um den Ersatz von Ausgaben handele. Der Bundesfinanzhof wies jedoch die Revision der Klägerin zurück. Er stellte klar, dass zu den steuerpflichtigen Entschädigungen nicht nur der zunächst gezahlte Ausfall des Nettoverdienstes, sondern auch die später erstattete Steuerlast zählen. Sowohl der Nettoverdienstausfall als auch die Steuerlast sind Bestandteile eines einheitlichen Schadenersatzanspruchs. Dies gilt unabhängig davon, ob beide Teile gleichzeitig oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgezahlt werden. Beides diene dem Ersatz entgehender Einnahmen des Geschädigten. Zudem schloss der Bundesfinanzhof eine tarifermäßigte Besteuerung der Steuererstattungen aus. Da sich die Zahlung der Schadenersatzleistungen über mehrere Jahre verteilte sei eine dafür notwendige Außerordentlichkeit gemäß § 34 EstG nicht gegeben.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

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