2014
Zulässigkeit des Flächenschlüssels bei der Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden
Mit seinem Urteil vom 22.08.2013 entschied der Bundesfinanzhof, dass die seit 2004 geltende Regelung der Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Diese Vorschrift ordnet den Vorrang des Flächenschlüssels vor dem Umsatzschlüssel an. Sie gilt aber nur für die Aufteilung von nach § 15a UStG berichtigungspflichtigen Vorsteuerbeträgen. Hierunter fallen insbesondere Vorsteuern aus Anschaffungs- und Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern. Im Streitfall ging es um die Höhe des Vorsteuerabzugs für Eingangsleistungen zur Herstellung eines Gebäudes, mit dem sowohl steuerfreie als auch steuerpflichtige Vermietungsumsätze erzielt wurden. Da der Vorsteuerabzug nur für die steuerpflichtigen Ausgangsumsätze zulässig ist, war eine Aufteilung der Vorsteuern erforderlich. Diese nahm der Kläger nach dem Umsatzschlüssel vor. Dem widersprach die Finanzverwaltung und teilte die Vorsteuern nach dem für den Kläger ungünstigeren Flächenschlüssel auf. Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Art der Aufteilung. Der objektbezogene Flächenschlüssel führe zu einer präziseren Vorsteueraufteilung als der auf die Gesamtumsätze des Unternehmens bezogene Pro-rata-Satz nach Art. 17 Abs. 5 der 6 der EG-Richtlinie. Deshalb darf der deutsche Gesetzgeber nach dem EuGH-Urteil vom 08.11.2012 C-511/10 vorrangig den Flächenschlüssel vor dem Umsatzschlüssel zur Aufteilung vorsehen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen: Differenzierung nach dem Anlass der Darlehensaufnahme
Mit seinem Urteil vom 22.10.2013 hat der Bundesfinanzhof erneut klargestellt, dass für die Intensität der Prüfung der Fremdüblichkeit von Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen der Anlass der Darlehensaufnahme entscheidend ist. Großzügigere Maßstäbe sind beispielsweise anzulegen, wenn der Vertragsschluss unmittelbar durch die Erzielung von Einkünften veranlasst ist. Dient das Angehörigendarlehen zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern und ist die Darlehensaufnahme daher unmittelbar durch die Einkunftserzielung veranlasst, tritt die Bedeutung der Unüblichkeit einzelner Klauseln des Darlehensvertrags zurück. Entscheidend sind in diesen Fällen vielmehr die tatsächliche Durchführung der Zinsvereinbarung und die fremdübliche Verteilung der Vertragschancen und -risiken.
Im zugrunde liegenden Fall erwarb der Kläger für seine Bäckerei von seinem Vater umfangreiches Betriebsinventar. In Höhe des Kaufpreises gewährte der Vater dem Kläger ein verzinsliches Darlehen, trat aber diese Forderung sogleich an seine Enkel, die zu dieser Zeit minderjährigen Kinder des Klägers, ab. Der Darlehensvertrag sah vor, dass die jährlichen Zinsen dem Darlehenskapital zugeschrieben werden sollten. Beide Seiten sollten den Vertrag ganz oder teilweise mit einer Frist von sechs Monaten kündigen können. Das Finanzamt erkannte die Zinsaufwendungen des Klägers nicht als Betriebsausgaben an. Auch das FG bestätigte diese Auffassung mit der Begründung, die Vereinbarungen über das Stehenlassen der Zinsen, die kurzfristige Kündigungsmöglichkeit und das Fehlen von Sicherheiten seien nicht fremdüblich. Dieser Ansicht folgte der Bundesfinanzhof nicht. Der Kläger hätte ohne das Angehörigendarlehen den Mittelbedarf für seine betriebliche Investition bei einem Kreditinstitut mit Sicherheiten decken müssen. Daher hätte das FG bei der Durchführung des Fremdvergleichs großzügigere Maßstäbe anlegen müssen. Im behandelten Fall könnten einzelne unübliche Klauseln durch andere Vereinbarungen kompensiert werden, solange die Vertragschancen und -risiken insgesamt in fremdüblicher Weise verteilt seien. So könnte beispielsweise das Fehlen von Sicherheiten auf jeden Fall bei kurzfristiger Kündigungsmöglichkeit durch einen höheren Zinssatz ausgeglichen werden. Für eine abschließende Entscheidung des Bundesfinanzhofs waren allerdings noch Feststellungen durch das FG erforderlich.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
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Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen
Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer
Zum Stichtag 01.01.2015 wird ein automatisiertes Verfahren zum Abzug von Kirchensteuer auf abgeltend besteuerte Kapitalerträge eingerichtet. Die Einzelheiten sind in § 51a Absätze 2b bis e und Absatz 6 EStG geregelt. Ziel der Neuregelung ist es, auch die Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer weitestgehend an der Quelle zu erheben. Dabei setzt das automatisierte Verfahren auf die bestehenden Rahmenbedingungen der kirchensteuerrechtlichen Behandlung von Kapitalerträgen auf. Seit 2009 werden Kapitalerträge grundsätzlich mit 25 Prozent und abgeltend besteuert. Dabei nehmen die Zahlstellen und Schuldner der Kapitalerträge (z.B. Banken) den Steuerabzug automatisch ohne weiteres Zutun der Steuerpflichtigen vor. Sie führen die Steuern ihrerseits an die Finanzverwaltung ab. Damit ist die Einkommensteuer auf Kapitalerträge abgegolten, d.h. die Steuerpflichtigen müssen diese nicht mehr in ihrer Einkommensteuererklärung angeben. Diese Verfahrenserleichterung soll nun auch für die Kirchensteuer, die wie bisher als Zuschlag zur Abgeltungssteuer erhoben wird, genutzt werden. Mit der Neuregelung ist es demzufolge ab dem 01.01.2015 nicht mehr erforderlich, einen Antrag auf Einbehalt von Kirchensteuer auf abgeltend besteuerte Kapitalerträge zu stellen, da der Einbehalt und die Weiterleitung an die steuererhebende Religionsgemeinschaft künftig automatisch erfolgen. Die Mitglieder einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft müssen demnach nichts weiter veranlassen, um ihren kirchensteuerrechtlichen Pflichten im Zusammenhang mit der Abgeltungsteuer nachzukommen. Alle zum Steuerabzug vom Kapitalertrag verpflichteten Stellen, z. B. Kreditinstitute, Versicherungen, Kapitalgesellschaften, Genossenschaften (Abzugsverpflichtete), fragen zukünftig zur Vorbereitung des automatischen Abzugs der Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer einmal jährlich beim Bundeszentralamt für Steuern die Religionszugehörigkeit aller Kunden, Versicherten oder Anteilseigner ab. Für Mitglieder einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft wird dann auf Basis der bereitgestellten Informationen die auf die Abgeltungsteuer entfallende Kirchensteuer automatisch einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Ist die beim Bundeszentralamt für Steuern angefragte Person kein Mitglied einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft, wird dem anfragenden Institut eine inhaltsleere Information, ein neutraler Nullwert, zurückgemeldet. Das neue Verfahren soll es Bürgerinnen und Bürgern erleichtern, ihren kirchensteuerlichen Pflichten nachzukommen und den Aufwand für sie wie auch für Abzugsverpflichtete möglichst gering zu halten. Außerdem wird die Kirchensteuer auf die Abgeltungsteuer zukünftig zielgerichtet dem zugehörigen Steuergläubiger (z. B. Bistum oder Landeskirche) zugeordnet.
Steuerpflichtige, die nicht wollen, dass Abzugsverpflichtete ihre Religionszugehörigkeit abfragen, können dem Datenabruf auf einem amtlich vorgeschrieben Vordruck beim Bundeszentralamt für Steuern widersprechen. Dieser Widerspruch muss bis 30.06. erfolgen. Allerdings wäre in der Folge zwingend für den entsprechenden Veranlagungszeitraum eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Steuerpflichtige sollten in diesem Zusammenhang überlegen, ob gegebenenfalls durch Erteilung eines Freistellungsauftrages der Besteuerung entgangen werden kann, da die Kirchensteuer nur dann abgezogen wird, wenn auch Abgeltungsteuer einzubehalten ist.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Teilweise Aufgabe der Vermietungsabsicht bei langjährigem Leerstand einer Wohnung
In seinem Urteil vom 12.06.2013 entschied der Bundesfinanzhof, dass die Aufwendungen für eine leerstehende, aber eigentlich auf Vermietung angelegte Wohnung auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar sind, solange der Steuerpflichtige belegbar seine Einkünfteerzielungsabsicht nicht aufgegeben hat. Dies gilt auch bei Leerstand einzelner Räume innerhalb einer Wohnung, die vom Steuerpflichtigen im Übrigen anderweitig genutzt wird. Wurde allerdings hinsichtlich einzelner Teile der Wohnung der Entschluss zu vermieten aufgegeben, sind die Aufwendungen für eine leerstehende Wohnung nicht mehr in vollem Umfang steuerlich absetzbar. Von einer teilweisen Aufgabe der Vermietungsabsicht ist dann auszugehen, wenn einzelne Räume der Wohnung nicht mehr zur Vermietung bereitstehen, sondern in einen neuen Nutzungs- und Funktionszusammenhang gestellt wurden. Im Streitfall konnten die Eigentümer eines Zweifamilienhauses nach jahrelanger Vermietung der Obergeschosswohnung diese ab 2003 nur noch kurzfristig oder teilweise an Montagearbeiter vermieten. Annoncen in verschiedenen regionalen Zeitungen blieben im Wesentlichen ohne Erfolg. Im Streitjahr 2008 wurde ein Zimmer der Obergeschosswohnung für eigene gewerbliche Tätigkeiten der Kläger umfunktioniert. Den im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung ermittelten Werbungskostenüberschuss für die gesamte leerstehende Obergeschosswohnung berücksichtigte das Finanzamt deshalb nicht. Das FG hingegen vertrat die Auffassung, die Kläger hätten sich ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung der Obergeschosswohnung bemüht. Eine Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht sei nicht feststellbar. Demzufolge könnten die für das Objekt entstandenen Aufwendungen auch in der Leerstandszeit weiterhin als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dem stehe auch nicht die Nutzung eines Teils der Wohnung für die geringfügige gewerbliche Tätigkeit entgegen. Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des FG auf. Nach den eingangs genannten Grundsätzen sind die Aufwendungen der Kläger für die leerstehende, vormals dauerhaft vermietete Obergeschosswohnung während der Zeit des Leerstands allenfalls zum Teil als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Zu Unrecht hat das FG die anteilige Nutzung der Wohnung für die gewerbliche Tätigkeit der Kläger als unerheblich angesehen. Mit der Einrichtung eines Raumes innerhalb der Obergeschosswohnung für den Gewerbebetrieb wurde ein anderweitiger Nutzungs- und Funktionszusammenhang begründet und insoweit die Absicht, durch Vermietung der gesamten Wohnung Einkünfte zu erzielen, aufgegeben.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
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Auslegung eines Einspruchsschreibens
In seinem Urteil vom 19.08.2013 entschied der Bundesfinanzhof, dass ein Einspruch gegen den Bescheid über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag, der lediglich damit begründet ist, dass die Erhebung des Solidaritätszuschlags rechtswidrig sei, dahingehend auszulegen ist, dass er sich ausschließlich gegen die Erhebung des Solidaritätszuschlags richtet. Für weitere, zu einem späteren Zeitpunkt und nicht fristgerecht erhobene Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides ist die Frist abgelaufen. Im entschiedenen Fall hatte ein Steuerpflichtiger gegen den Bescheid für 2007 über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag unter Hinweis auf ein bezüglich der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags finanzgerichtlich anhängiges Musterverfahren Einspruch eingelegt. Gleichzeitig erklärte sich der Steuerpflichtige damit einverstanden, dass das Rechtsbehelfsverfahren bis zur höchstrichterlichen Klärung dieser Rechtsfrage ruhe. Der Einspruch wurde sieben Monate später dahingehend weiter begründet, dass erstmals negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb geltend gemacht würden. Die Finanzbehörde lehnte diesen Antrag wegen Fristversäumnis ab. Der Einspruch sei bei sachgerechter Auslegung lediglich gegen den Solidaritätszuschlag und nicht gegen den Einkommensteuerbescheid erhoben worden. Das FG hingegen gab dem Kläger Recht. Das Finanzamt hätte, da alle drei Verwaltungsakte im Betreff und auch im Text genannt waren, von einer gleichzeitigen Anfechtung des Einkommensteuerbescheids ausgehen müssen. Dieser Auffassung wiederum widersprach der Bundesfinanzhof. Fehlt es an einer eindeutigen und zweifelsfreien Erklärung des tatsächlich Gewollten, ist die wirkliche Absicht des Steuerpflichtigen durch Auslegung seiner Erklärungen zu ermitteln. Im strittigen Fall war die Einspruchsbegründung ausschließlich auf einen Wegfall der Festsetzung des Solidaritätszuschlags und nicht einmal andeutungsweise auf eine Änderung der Bescheide über Einkommen- oder Kirchensteuer gerichtet gewesen. Zudem hatte sich der Steuerpflichtige damit einverstanden erklärt, das Rechtsbehelfsverfahren bis zur höchstrichterlichen Klärung nur dieser Rechtsfrage ruhen zu lassen. Das Finanzamt hatte also zu Recht den späteren Einspruch wegen Fristversäumnis abgewiesen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz