Korrektur bestandskräftiger Steuerbescheide nach Außenprüfung
von Björn Keller
Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 06. Mai 2024 (III R 14/22), dass die Art und Weise, mit der ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, seine Aufzeichnungen führt, eine Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist. Diese kann, wenn sie dem Finanzamt nachträglich bekannt wird, zur Korrektur eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheides führen. Im Falle der Einnahmenüberschussrechnung gilt das nicht nur für Aufzeichnungen über den Wareneingang gemäß § 143 AO, sondern ebenso für sonstige Aufzeichnungen und die übrige Belegsammlung. Im strittigen Fall war der Kläger als Einzelhändler tätig und ermittelte seinen Gewinn mittels Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Das Finanzamt veranlagte ihn für die Streitjahre 2013 bis 2015 zunächst erklärungsgemäß und ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Eine spätere Außenprüfung beanstandete die Aufzeichnungen des Klägers, die nicht belegbare manuelle Änderungen enthielten, als formell mangelhaft und begründete damit eine Hinzuschätzung. Das Finanzamt änderte daraufhin die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Es begründete die verfahrensrechtliche Zulässigkeit damit, dass im Rahmen der Außenprüfung nachträglich steuererhöhende Tatsachen bekannt geworden seien. Dem folgte der Bundesfinanzhof im Grundsatz. Er erläuterte, dass § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht nur dann eine Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide zulasse, wenn Betriebseinnahmen nicht aufgezeichnet wurden. Auch die Art und Weise, in der der Steuerpflichtige seine Aufzeichnungen geführt habe, sei eine Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Dies gelte auch wenn § 4 Abs. 3 EStG keine Verpflichtung zur förmlichen Aufzeichnung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben vorsehe. Allerdings konnte im behandelten Streitfall keine abschließende Entscheidung getroffen werden, da das FG keine hinreichenden Feststellungen zur Rechtserheblichkeit der Tatsache getroffen hatte. Der Bundesfinanzhof betonte, dass die Tatsache, ob und wie der Steuerpflichtige seine Bareinnahmen aufgezeichnet habe rechtserheblich sei, wenn das Finanzamt bei deren vollständiger Kenntnis bereits im Zeitpunkt der Veranlagung zur Schätzung und in dem Zusammenhang zu einer höheren Steuerfestsetzung befugt gewesen wäre. Das FG muss daher im zweiten Rechtsgang prüfen, ob die Aufzeichnungen und Belege des Klägers Mängel aufwiesen, die zur Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen berechtigen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz