2012
Kein Abzug von in bar geleisteten Kinderbetreuungskosten
Wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 23.03.2012 entschied, verstößt es weder gegen Unionsrecht noch gegen völkerrechtliches Gewohnheitsrecht, dass Kinderbetreuungskosten nach § 4f Satz 5 EStG 2007 nur bei erfolgter Banküberweisung abziehbar sind. Im behandelten Fall engagierten die Kläger zur Betreuung ihrer Kinder für die Monate Januar bis Juni 2007 sowie Oktober bis Dezember 2007 jeweils ein aus Italien stammendes Au-Pair-Mädchen. Die hierfür entstandenen Aufwendungen, in denen Taschengeldzahlungen von monatlich 260 € enthalten waren, machten sie als Betreuungskosten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2007 geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Kinderbetreuungskosten nicht, weil die Beträge entgegen § 4f Satz 5 EStG in bar geleistet wurden. Das FG wies eine Klage ab. Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Auffassung. Dabei verwies er darauf, dass es weder um Diskriminierung ausländischer Betreuungskräfte gehe, wenn die Eröffnung eines Kontos verlangt wird, noch sei aus dem Begriff „Taschengeld” zu folgern, dass dieses nur in bar und nicht etwa auch durch eine Banküberweisung geleistet werden könne.
Anmerkung: Das Urteil ist zur Rechtslage im Jahr 2007 ergangen. Ab dem Veranlagungszeitraum 2012 ist die Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten vollumfänglich in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG geregelt. An der Banküberweisung der Aufwendungen als Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug hat sich jedoch nichts geändert.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
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Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale
Derzeit laufen umfangreiche Vorbereitungen zur Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte. Ab 01.01.2013 sind alle Arbeitgeber dazu verpflichtet, das Verfahren zu nutzen und die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) zum Datenabgleich abzurufen. Die ELStAM-Daten sind für Arbeitnehmer ab dem 13.09.2012 und für Arbeitgeber ab dem 01.11.2012 zum Abruf freigeschaltet. Für die erforderliche Registrierung erhalten die Arbeitnehmer eine persönliche PIN an ihren Hauptwohnsitz zugesandt. Arbeitgeber benötigen lediglich die Identifikationsnummer sowie das Geburtsdatum des jeweiligen Arbeitnehmers. Die Finanzverwaltung gewährt eine einjährige Einführungsphase bis zum 31.12.2013. In diesem Zeitraum kann jeder Arbeitgeber selbst entscheiden, wann und in welchem Umfang er mit der Nutzung beginnt. Er kann das Verfahren zunächst auch nur für einen Mitarbeiter durchlaufen lassen. Pro Arbeitnehmer muss aber mindestens eine Abrechnung in 2013 mit ELStAM erfolgen, sodass als spätester Umstiegszeitpunkt die Lohnabrechnung 12/2013 gewählt werden kann. Es sei hier darauf verwiesen, dass eine frühzeitige Teilnahme am Verfahren auch eine frühzeitige Ausschaltung von Fehlerquellen ermöglicht. Bis zum erstmaligen Abruf der ELStAM durch den Arbeitgeber bleibt alles wie bisher, auch gelten die bisher gewährten Freibeträge des Arbeitnehmers weiter. Erst ab dem erstmaligen Abruf verlieren die Lohnsteuerkarte 2010 und die Ersatzbescheinigungen 2011 bzw. 2012 ihre Gültigkeit. Vom Zeitpunkt des Einstiegs an erfolgt keine Rückrechnung auf den 01.01.2013. Zur Klärung etwaiger Abweichungen soll eine gesetzliche Korrekturfrist von drei Monaten gewährt werden. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Arbeitgeber die Anmeldungen weiterhin in Papierform abgeben. Alle Ereignisse des Arbeitnehmers, die bei der Meldebehörde registriert wurden, wie beispielsweise Heirat, Geburt eines Kindes usw., werden automatisch an das Bundeszentralamt für Steuern, welches für die ELStAM-Datenspeicherung sowie Weiterleitung zuständig ist, übermittelt. Der Arbeitnehmer muss mit dem für ihn zuständigen Finanzamt nur noch in Kontakt treten, wenn er beispielsweise eine andere Steuerklasse wählen möchte oder sich die Verhältnisse ändern. Die jährliche Neubeantragung von Freibeträgen bleibt bestehen. Für 2013 können diese Anträge ab dem 01.10.2012 mit Hilfe eines amtlichen Vordrucks eingereicht werden. Auf der Internetseite „Elster“ wird ein entsprechender Leitfaden zur Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte veröffentlicht. In ihm werden die häufigsten Abweichungen bzw. Erkenntnisse aus der Pilotphase erläutert und erklärt, welche Maßnahmen im Falle falscher ELStAM einzuleiten sind, sodass auftretende Fragen und Probleme bereits im Vorfeld beantwortet bzw. behoben werden können.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
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Nachträgliche Schuldzinsen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Mit Urteil vom 20.06.2012 entschied der Bundesfinanzhof, dass Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche ursprünglich der Finanzierung eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Wohngrundstücks dienten, auch nach einer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie weiter als nachträgliche Werbungskosten abziehbar sind, sofern die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden konnten. Damit hält der Bundesfinanzhof an seiner bisherigen Rechtsprechung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht länger fest. Im Streitfall ging es um ein 1994 erworbenes Wohngebäude, für das der Kläger ein Darlehen aufgenommen hatte. Durch die Vermietung der Immobilie erzielte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Bei der Veräußerung des Gebäudes im Jahr 2001 konnte durch den erzielten Verkaufserlös das Darlehen nicht vollständig abgelöst werden, sodass selbst im Streitjahr 2004 noch Schuldzinsen anfielen. Die vom Kläger für 2004 in seiner Einkommensteuererklärung geltend gemachten nachträglichen Schuldzinsen erkannte das Finanzamt nicht als Werbungskosten an. Der Bundesfinanzhof gab nun dem Kläger Recht und entschied, dass die geltend gemachten Schuldzinsen zu Unrecht nicht berücksichtigt wurden. Dabei bezieht er sich auf die im Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom Gesetzgeber getroffene Grundsatzentscheidung, Wertsteigerungen bei der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Grundstücken innerhalb einer auf zehn Jahre erweiterten Frist zu erfassen. Das bedeutet, dass zur Erzielung von Einkünften dienende Wohngrundstücke für den genannten Zeitraum – d.h. über einen reinen, steuerpolitisch gerechtfertigten "Spekulationszeitraum" hinaus – nicht mehr dem privaten, sondern dem steuerrechtlich erheblichen Vermögensbereich zuzuordnen sind und ein etwaiger Gewinn oder Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften der Besteuerung unterliegt. Mit dieser gesetzestechnischen Verknüpfung von privaten Veräußerungsgeschäften mit einer vorangegangenen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks wird zudem bewirkt, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem steuerbaren Grundstücksveräußerungsgeschäft strukturell der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens gleichgestellt wird. Diese notwendige steuerrechtliche Gleichbehandlung von nachträglichen Schuldzinsen sei auch für den behandelten Streitfall bei den Gewinn- und bei den Überschusseinkünften herzustellen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
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Anspruch auf Kindergeld trotz Vollzeitbeschäftigung
Kindergeld wird auch für Kinder gewährt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und eine der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG genannten Voraussetzungen erfüllen. Darüber hinaus durften bis 31.12.2011 die Einkünfte und Bezüge des Kindes einen Jahresgrenzbetrag nicht überschreiten. Im behandelten Streitfall erhielt der Sohn des Klägers von Januar bis Juni 2008 eine Berufsausbildung. In den Monaten Juli und August 2008 wurde er von seinem Ausbildungsbetrieb in eine Vollzeitbeschäftigung übernommen. Ab September 2008 befand er sich wieder in Berufsausbildung. Der Kläger bezog bis dahin Kindergeld und beantragte ab September die Weiterzahlung. Die Familienkasse hob jedoch die Festsetzung des Kindergeldes nach § 70 Abs. 4 EStG in der für das Jahr 2008 geltenden Fassung durch einen Bescheid vom Oktober rückwirkend ab Januar 2008 auf. Sie war der Ansicht, dass die im Jahr 2008 anfallenden Einkünfte und Bezüge des Sohnes einschließlich der Vergütung aus der Vollzeiterwerbstätigkeit über dem für 2008 maßgeblichen Grenzbetrag von 7.680 EUR liegen. Das FG sprach dem Kläger Kindergeld für die Monate Januar bis Juli sowie September bis Dezember zu. Bezüglich der Monate Juli und August war es der Auffassung, dass diese nicht in die Ermittlung des Grenzbetrages einzubeziehen seien. Aufgrund der Revision seitens der Familienkasse befasste sich nun der Bundesfinanzhof mit dem Fall. Gemäß seinem Urteil vom 15.03.2012 war der Sohn des Klägers im gesamten Jahr als Kind zu berücksichtigen, sofern die Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag nicht überschritten haben sollten. In den beiden Monaten Juli und August 2008 erfüllte er den Tatbestand nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG (Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten), möglicherweise auch den nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG (Warten auf einen Ausbildungsplatz). Das FG muss in einem zweiten Rechtsgang die Einkünfte und Bezüge für das gesamte Jahr feststellen, um über den Kindergeldanspruch entscheiden zu können. Außerdem muss es berücksichtigen, dass - bei einem Überschreiten des Jahresgrenzbetrags - eine rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab Januar 2008 nach § 70 Abs. 4 EStG nicht in Betracht kommt, wenn sich hinsichtlich der Einkünfte und Bezüge keine tatsächlichen Änderungen gegenüber der Annahme in der Prognose ergeben haben und allein die Einbeziehung der Einkünfte aus der Vollzeiterwerbstätigkeit in Folge einer geänderten Rechtsauffassung zur nachträglichen Feststellung der Grenzbetragsüberschreitung geführt hat.
Ab 2012 hat sich die Rechtslage zur Berücksichtigung von volljährigen Kindern grundlegend geändert. Insbesondere kommt es nicht mehr auf die Höhe der eigenen Einkünfte der Kinder an. Allerdings kommt eine Berücksichtigung als Kind nach Abschluss der ersten Berufsausbildung nur dann in Betracht, wenn die weitere Tätigkeit einen bestimmten zeitlichen Umfang nicht überschreitet.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
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Praxisgebühr nicht als Sonderausgabe abziehbar
Die Zuzahlungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung nach § 28 Abs. 4 SGB X, die sogenannten Praxisgebühren, sind nicht als Sonderausgaben abziehbar. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 18.07.2012. Grundsätzlich können Steuerpflichtige gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG Beiträge zur Krankenversicherung als Sonderausgaben abziehen. Allerdings müssen diese im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen, also letztlich der Vorsorge dienen. Das ist bei der Praxisgebühr nicht der Fall. Sie ist eine Form der Selbstbeteiligung der Versicherten an ihren Krankheitskosten. Während die Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung zur Erlangung des Versicherungsschutzes regelmäßig, also monatlich erhoben werden, wird die Zahlung der Praxisgebühr erst durch die tatsächliche, krankheitsbedingte Inanspruchnahme einer ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Leistung ausgelöst. Der Versicherungsschutz wird somit unabhängig von der Zahlung der Praxisgebühr gewährt. Diese kann jedoch als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG geltend gemacht werden. Im behandelten Streitfall hatte dies jedoch ebenfalls keinerlei steuerliche Auswirkung, da der Kläger die zumutbare Belastungshöhe auch zusammen mit anderen Krankheitskosten nicht erreichte.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
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