Nachweis der Zwangsläufigkeit bestimmter Krankheitskosten - Neuregelung im Steuervereinfachungsgesetz 2011
von Björn Keller
Die vom Gesetzgeber eingeführten formellen Anforderungen an den Nachweis bestimmter Krankheitskosten für deren steuerliche Anerkennung als außergewöhnliche Belastung sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 19.04.2012. Gemäß § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Dazu können auch bestimmte Krankheitskosten gehören. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl. Ist eine medizinische Notwendigkeit nicht offensichtlich, dürfen diese nur noch berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige ihre Zwangsläufigkeit z.B. durch ein amtsärztliches Gutachten nachweist. Eine entsprechende gesetzliche Regelung führte der Gesetzgeber durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 ein und reagierte damit auf die Änderung einer langjährigen Rechtsprechung. Im strittigen Fall hatten die Kläger u. a. die Kosten für einen Kuraufenthalt als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht, ohne die medizinische Notwendigkeit durch ein vor Kurbeginn ausgestelltes amtsärztliches oder vergleichbares Attest zu belegen. Finanzamt und FG akzeptierten die Aufwendungen daher nicht als außergewöhnliche Belastungen. Die Revision der Kläger war ebenfalls erfolglos. Nach geltendem Recht kann nun nicht mehr auf die strenge Art des Nachweises verzichtet werden, was auch verfassungsrechtlich korrekt ist. Ebenso ist die rückwirkende Anwendung der neuen Nachweisregelungen in allen noch offenen Fällen verfassungsgemäß.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
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