2012

Vorabanforderung von Steuererklärungen

Das FG Hamburg entschied im Urteil vom 27.04.2012 über die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen. Es heißt darin, dass die automatisierte Vorabanforderung von Steuererklärungen entgegen dem sogenannten Fristenerlass der obersten Finanzbehörden der Länder für Steuerpflichtige, die beraten werden, hinsichtlich des Auswahlermessens einer nachvollziehbaren Begründung bedarf. Im Streitfall forderte das Finanzamt am 29.04.2011 von der steuerlich beratenen Klägerin die Abgabe der Steuerunterlagen für 2010 bis zum 01.08.2011. Im Text dazu hieß es, dass trotz der allgemeinen Fristverlängerung bis 31.12.2011 für die Finanzämter die Möglichkeit bestehe, Erklärungen mit angemessener Frist vorher anzufordern, wenn für Beteiligte an Gesellschaften und Gemeinschaften Verluste festzustellen seien, wenn hohe Abschlusszahlungen erwartet würden oder wenn die Arbeitslage der Finanzämter es erfordere. Dagegen legte die Klägerin am 06.05.2011 Einspruch ein. Sie machte im Wesentlichen geltend, dass aus dem Schreiben des Finanzamts keine individuelle Interessenabwägung erkennbar sei. Warum gerade sie bzw. ihr Steuerberater für die Anforderung der Steuererklärungen vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist ausgewählt wurde, könne nicht nachvollzogen werden. So sei auch eine Auseinandersetzung mit den Gründen nicht möglich. Das FG Hamburg stellte nun in seinem Urteil ausführlich klar, dass die Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärungen für 2010 vom 29.04.2011 rechtswidrig war und die Klägerin in ihren Rechten verletzte. Das Finanzamt hat seine Ermessensentscheidung entgegen § 121 Abs. 1 AO nicht hinreichend begründet. Es muss für einen Steuerpflichtigen klar erkennbar sein, weshalb ausgerechnet von ihm die Steuerunterlagen vor Ablauf der Frist angefordert werden. Außerdem wurde darauf verwiesen, dass mit dem Fristenerlass ein weitestgehend gleichmäßiger Arbeitsanfall für alle Beteiligten – Steuerpflichtiger, Steuerberater, Finanzamt – erreicht werden soll. Beispielsweise müssten auch die Steuerberater für jeden Mandanten genügend Zeit für eine qualitativ gleichwertige Beratung haben.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Hintergründe zur Nachricht:

Abgabefristen für die Steuererklärungen 2011

Einheitliche Qualifizierung mehrerer Räume als häusliches Arbeitszimmer

Bilden für eine gewerbliche Tätigkeit genutzte Räume in verschiedenen Etagen des privat genutzten Wohnhauses eine funktionale Einheit, ist die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer für die Räume gemeinsam vorzunehmen. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 18.04.2012. Im Streitfall nutzte der Kläger für seine gewerbliche Beratungs- und Vermittlungstätigkeit Räumlichkeiten im privaten Wohnhaus, das im Miteigentum des Klägers und seiner Ehefrau stand. Dabei handelte es sich um zwei Büroräume, einen Ablage- und Archivraum sowie einen Besprechungsraum im Kellergeschoß, die allesamt sowohl über einen separaten Hauseingang als auch über eine innen liegende Treppe betreten werden konnten. Im Kellergeschoß befanden sich außerdem ein privates Vorratslager, ein Badezimmer sowie der Heizungskeller. Des Weiteren wurde im ersten Obergeschoss ein Zimmer als Besprechungsraum genutzt, welches über eine Treppe im Wohnbereich zu erreichen war. Der Kläger wies die entsprechenden Gebäudeteile in der Bilanz zur Hälfte als Betriebsvermögen aus. Im Hinblick auf den Miteigentumsanteil seiner Ehefrau wurde zwischen den Eheleuten ein Mietvertrag geschlossen. Nach Auffassung des FA handelte es sich allerdings um ein häusliches Arbeitszimmer, das nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers darstellte. Das wurde durch die Art der Tätigkeit sowie die Höhe der abgerechneten Reise- und Bewirtungskosten belegt. Für die Streitjahre 1998 bis 2000 konnten daher lediglich Aufwendungen in Höhe von 2.400 DM jährlich anerkannt werden. Die diesen Betrag übersteigenden angegebenen Raumkosten wurden dem Gewinn hinzugerechnet. Der Bundesfinanzhof bestätigte mit seinem Urteil die Auffassung der Vorinstanzen. Die streitgegenständlichen Räume standen alle mit den Beratungs- und Vermittlungsleistungen des Klägers als "externe Exportabteilung" mittelständischer Unternehmen in Zusammenhang und bildeten somit eine funktionale Einheit. Die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer war demzufolge für alle Räume gemeinsam vorzunehmen. Gleichzeitig erfolgte unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles eine Abgrenzung von Betriebsstätten ähnlichen Räumen, für die die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der in den Streitjahren gültigen Fassung nicht gilt. In die häusliche Sphäre eingebunden und damit grundsätzlich als häusliches Arbeitszimmer im Sinne des vorgenannten Paragraphen anzusehen ist eine funktionale Büroeinheit regelmäßig dann, wenn sich diese in Räumen befindet, die zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehören, so wie es im konkreten Fall war. Entscheidend für die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers war außerdem, dass die vom Kläger genutzten Räume nicht für einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr geöffnet waren.

Anmerkung: Besondere Aussage des Urteils ist, dass, sofern eine funktionale Einheit vorliegt, alle Räume als ein häusliches Arbeitszimmer zu werten sind. Liegt keine funktionale Einheit vor, können Räume, die nicht der Erledigung gedanklicher Arbeiten dienen, von der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG ausgeschlossen sein.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Berufsmusiker darf Kosten für ein häusliches Übungszimmer uneingeschränkt steuerliche absetzen

Nachweispflicht für Bewirtungsaufwendungen bei Bewirtungen in einer Gaststätte

Mit seinem Urteil vom 18.04.2012 verwies der Bundesfinanzhof darauf, dass für Bewirtungsaufwendungen bei Bewirtungen in einer Gaststätte eine besondere Nachweispflicht gilt. Im entschiedenen Fall hatte der Kläger, ein Einzelunternehmer, Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 5.339 DM (1998), 8.969 DM (1999) bzw. 16.509 DM (2000) als Betriebsausgaben abgerechnet. Diese erkannte das FA unter Hinweis darauf, dass Rechnungen über 200 DM auch den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten müssten, nicht an. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass die Regelung auch für im Ausland angefallene Bewirtungsaufwendungen gelte und die Eigenbelege, die der Kläger erstellt hatte, als Nachweise nicht ausreichend seien. Das FG gab der Klage teilweise statt, indem es Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM (1998), 8.969 DM (1999) bzw. 15.875 DM (2000) als abziehbar akzeptierte. Der Bundesfinanzhof allerdings hielt die Revision des FA für begründet und hob das Urteil des FG auf. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der in den Streitjahren gültigen Fassung dürfen Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass den Gewinn nicht mindern, soweit sie 80 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen. Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen zwar Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung, aber die Rechnung über die Bewirtung ist zwingend beizufügen. Diese kann nicht durch Eigenbelege ersetzt werden. Außerdem müssen Gaststättenrechnungen, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge im Sinne der UStDV handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten. 

Anmerkung: Derzeit dürfen maximal 70 Prozent der Aufwendungen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind, als Betriebsausgaben abgezogen werden. Im Übrigen ist das Urteil aber auf die aktuelle Rechtslage übertragbar.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Abzug von Bewirtungsaufwendungen als Werbungskosten

Keine Betriebsausgaben ohne Nennung der Empfänger

 

Reisekosten bei längerfristigem Einsatz im Betrieb des Kunden

Gemäß einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13.06.2012 kann die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers nur dann als regelmäßige Arbeitsstätte gelten, wenn der Arbeitgeber dort auch über eine eigene Betriebsstätte verfügt, und zwar unabhängig von der Dauer des Arbeitseinsatzes des Arbeitnehmers. Diese Entscheidung ist wichtig, um zu bewerten, ob der Arbeitnehmer auswärts tätig ist oder einen doppelten Haushalt führt. Bei Auswärtstätigkeit sind die  Reisekostenvergütungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 16 Halbsatz 1 EStG steuerfrei. Bei doppelter Haushaltsführung richtet sich die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 16 Halbsatz 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG. Im konkreten Fall war der Kläger für seinen Arbeitgeber in einem Kraftwerk tätig, das außerhalb seiner normalen Betriebsstätte lag. In den Streitjahren 2006 und 2007 machte er in seiner Einkommensteuererklärung Kosten nach den Grundsätzen der doppelten Haushaltführung geltend. Steuerfreie Zahlungen des Arbeitgebers gab er mit 4.195 EUR (2006) bzw. 4.225 EUR (2007) an. Aufgrund Kontrollmaterials stellte das FA jedoch fest, dass ihm der Arbeitgeber in den Streitjahren Aufwendungen, ermittelt nach den Grundsätzen einer sogenannten Einsatzwechseltätigkeit, in Höhe von 10.146 EUR (2006) bzw. 10.245 EUR (2007) steuerfrei erstattet hatte. Da nach Auffassung des FA das Kraftwerk die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers sei, erhöhte es dessen erklärte Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit unter pauschaler Berücksichtigung von Werbungskosten um 4.903 EUR (2006) bzw. 4.990 EUR (2007). Der Bundesfinanzhof stellt in seinem Urteil nun klar, dass  regelmäßige Arbeitsstätte die dauerhaft betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers ist, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht. Das trifft nicht zu bei einer Tätigkeit in einer betrieblichen Einrichtung des Kunden des Arbeitgebers. Wenn der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte beruflich tätig wird, ist demzufolge eine Auswärtstätigkeit gegeben. Der Bezug einer Unterkunft am Ort der Auswärtstätigkeit begründet keine doppelte Haushaltsführung. Das FG muss nun in einem zweiten Rechtsgang unter Beachtung der genannten Grundsätze prüfen, ob  es sich bei dem Kläger tatsächlich um eine Auswärtstätigkeit handelt, um eine eindeutige steuerliche Bewertung vornehmen zu können.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Wohnen am Beschäftigungsort bei doppelter Haushaltsführung

Keine steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen bei gescheiterten Grundstücksveräußerungen

Gemäß Urteil des Bundesfinanzhofs vom 01.08.2012 werden bereits angefallene Aufwendungen (z.B. Notar- und Gerichtskosten) für eine beabsichtigte Grundstücksveräußerung nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt und können auch nicht bei den privaten Veräußerungsgeschäften berücksichtigt werden, wenn es – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu der Veräußerung kommt. Im Streitjahr 2007 hatte der Kläger mehrere Objekte vermietet und erzielte daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Eines dieser Objekte, das er weniger als 10 Jahre im Bestand gehabt hatte, wollte er veräußern. Wegen Finanzierungsproblemen des Erwerbers schlug die Veräußerung fehl. Der Kläger machte Notar- und Gerichtskosten von 5.149,83 EUR sowie Bewirtungskosten von 60,51 EUR als Werbungskosten geltend. Finanzamt und FG lehnten dies ab, weil das "Rückholen" des Grundstücks nicht wie eine erneute Anschaffung gewertet werden kann und demzufolge keine Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung entstanden sind. Aufwendungen wie beim privaten Veräußerungsgeschäft können ebenfalls nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden, da eine Veräußerung und damit ein steuerbarer Tatbestand nicht vorliegt. Der Bundesfinanzhof bestätigte mit seinem Urteil die Entscheidung der Vorinstanzen und stellte klar, dass die Aufwendungen offensichtlich und allein aus dem (zivilrechtlichen) Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Käufer entstanden sind. Sie stehen in keinerlei Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit oder der Veräußerung, da diese nicht stattfand.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz