2024
Zweitwohnungsteuer als Kosten der Unterkunft für eine doppelte Haushaltsführung
Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 13. Dezember 2023 (VI R 30/21), dass die Zweitwohnungsteuer Aufwand für die Nutzung der Unterkunft ist und somit bei den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung unter die Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG fällt. Ist der Höchstbetrag von 1.000 € bereits ausgeschöpft, dann darf dieser Aufwand also nicht zusätzlich als Werbungskosten abgezogen werden. Insbesondere für Zweitwohnungsnutzer in teuren Metropolregionen ist das häufig nachteilig. Im entschiedenen Fall war die Klägerin nicht an ihrem Hauptwohnsitz, sondern in München tätig. Dafür hatte sie in München eine Zweitwohnung angemietet. Die hierfür in den Streitjahren 2018/2019 entrichtete Zweitwohnungsteuer in Höhe von 896 € (2018) beziehungsweise 1.157 € (2019) machte sie neben weiteren Kosten für die Wohnung in Höhe 12.480 € (2018) beziehungsweise 15.880 € (2019) als Aufwendungen für ihre doppelte Haushaltsführung geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen jeweils nur mit dem Höchstabzugsbetrag von 12.000 €. Nachdem das FG der Klage stattgegeben hatte, bestätigte nun der Bundesfinanzhof mit diesem Urteil das Vorgehen des Finanzamts. Zu den notwendigen Mehraufwendungen, die bei einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, zählen unter anderem die notwendigen Kosten für die Nutzung der Unterkunft am Beschäftigungsort. Diese können nach der Neufassung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2004 nur bis zu einem Höchstbetrag von 1.000 € pro Monat abgezogen werden. Der Bundesfinanzhof hat die Zweitwohnungsteuer als Unterkunftskosten in diesem Sinne beurteilt, da diese eine unmittelbar mit dem tatsächlichen Mietaufwand für die Zweitwohnung verbundene zusätzliche finanzielle Belastung darstellt. Dagegen gehören die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände einschließlich AfA nicht zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft im Sinne vorgenannten Gesetzes. Diese muss der Steuerpflichtige selbst tragen, da deren Nutzung und Verbrauch nicht gleichzusetzen ist mit der Nutzung der Unterkunft.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Aussetzung der Vollziehung einer Grundsteuerwertfeststellung im sogenannten Bundesmodell
Der Bundesfinanzhof entschied mit seinen beiden Beschlüssen vom 27. Mai 2024 (II B 78/23 und II B 79/23) zu den Bewertungsregelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts, dass Steuerpflichtige im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen. Entsprechend sind die Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Grundsteuer-Reformgesetzes vom 26. November 2019 bei der im Aussetzungsverfahren gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung gebotenen summarischen Prüfung verfassungskonform auszulegen. Für den Nachweis eines niedrigeren Werts ist zu belegen, dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert derart unterschreitet, dass sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist. In beiden Streitfällen waren Bescheide ergangen, deren Grundsteuerwertfeststellungen das Finanzamt auf der Grundlage der vorgenannten Neuregelung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts ermittelt hatte. Gemäß der Neuregelung wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die ab dem 01. Januar 2025 von den Gemeinden erhoben wird, durch Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 01. Januar 2022 als einheitlichen Hauptfeststellungsstichtag ermittelt. Die für die Feststellung des Grundsteuerwerts maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften enthalten nach der gesetzgeberischen Konzeption aus Gründen der Automatisierung und Bewältigung der Neubewertung von über 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten eine Vielzahl von Typisierungen und Pauschalierungen. Dieses sogenannte Bundesmodell findet in mehreren Bundesländern Anwendung. In den beiden Streitfällen legten die Steuerpflichtigen gegen die Bescheide Einspruch ein und beantragten die Aussetzung des Vollzugs, allerdings ohne Erfolg. Das FG gab dem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs statt. Es hatte ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Grundsteuerwertbescheide als auch an der Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Bewertungsvorschriften. Der Bundesfinanzhof schloss sich den Entscheidungen des FG an. Auch nach seiner Auffassung bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen bezüglich der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Denn den Steuerpflichtigen muss bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Das gilt, obwohl der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt hat. Gerade bei Massenverfahren vorliegender Art verfügt der Gesetzgeber über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Die Verletzung des Übermaßverbots setzt gemäß der bisherigen Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt. In beiden strittigen Fällen kam der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass die jeweiligen Antragsteller aufgrund der einzelfallbezogenen Besonderheiten den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ihrer Grundstücke mit Erfolg führen könnten.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Übermittlung von Informationen an die deutsche Finanzverwaltung zu ausländischen Bankkonten ist verfassungsgemäß
Die Regelung des § 5 Abs. 3 des Finanzkonten-Informationsaustauschgesetzes ist verfassungsgemäß und verstößt nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der hiervon betroffenen Steuerpflichtigen. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 23. Januar 2024 (IX R 36/21). Demzufolge können beispielsweise Schweizer Banken Informationen zu Konten und Depots deutscher Staatsangehöriger an die deutsche Finanzverwaltung übermitteln, ohne damit die Grundrechte inländischer Steuerpflichtiger zu verletzen. Geklagt hatten Steuerpflichtige, die sich durch Übermittlung der Kontostände ihrer Schweizer Bankkonten in ihren Grundrechten, insbesondere in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, verletzt sahen. Nachdem bereits das FG diese Ansicht nicht teilte, bestätigte nun auch der Bundesfinanzhof die Verfassungsmäßigkeit der Übermittlung von Informationen zu ausländischen Bankkonten an die deutschen Steuerbehörden. Die Übermittlung der Informationen dient dem verfassungslegitimen Zweck der Bekämpfung von grenzüberschreitender Steuerhinterziehung und ist somit gerechtfertigt. Die Bundesrepublik Deutschland gehört zu den Staaten, die sich zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht dazu verpflichtet haben, Informationen zu Bankkonten auszutauschen. Unter anderem werden dafür Kontostände deutscher Steuerpflichtiger bei ausländischen Banken an die deutsche Steuerverwaltung übermittelt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags
Wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 07. November 2023 (VIII R 7/21) entschied, wird im Rahmen der reinen Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags nach Widerruf durch die Zahlung eines Nutzungsersatzes kein steuerbarer Kapitalertrag begründet. Der Nutzungsersatz beruht nicht auf einer erwerbsgerichteten Tätigkeit und wird somit nicht innerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre erzielt. Im zugrunde liegenden Fall schloss ein Ehepaar im Jahr 2005 einen Darlehensvertrag über 208.000 € zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie ab. Diesen widerriefen sie im Jahr 2016 unter Berufung auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Auf der Grundlage eines zivilgerichtlichen Vergleichs zahlte die Bank an die Eheleute Nutzungsersatz für bis zum Widerruf erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen. Von dem zustehenden Betrag in Höhe von 14.500 € zog die Bank Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer ab. In der Einkommensteuererklärung machten die Kläger geltend, dass die Bank dies zu Unrecht vorgenommen habe. Finanzamt und FG folgten dieser Auffassung nicht. Dem widersprach der Bundesfinanzhof. Er stellte klar, dass der Nutzungsersatz kein steuerbarer Kapitalertrag im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG sei, da sich die reine Rückabwicklung eines vom Darlehensnehmer widerrufenen Darlehensvertrags außerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre vollziehe. Das Rückgewährschuldverhältnis sei ertragsteuerlich als Einheit zu behandeln. Die einzelnen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis könnten demzufolge auch nicht für sich betrachtet (im Sinne einer unfreiwilligen Kapitalüberlassung) Teil einer steuerbaren erwerbsgerichteten Tätigkeit sein.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei Abtrennung und Veräußerung eines Gartengrundstücks
Bei der Veräußerung eines abgetrennten unbebauten Gartengrundstücks ist eine Befreiung von der Einkommensteuer wegen einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht möglich. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 26. September 2023 (IX R 14/22). Im Streitfall bewohnten die Kläger ein Wohnhaus, das von einem fast 4.000 qm großen Grundstück umgeben war. Dieses nutzten sie als Garten. Nachdem sie das Grundstück in zwei Teilflächen getrennt hatten, bewohnten sie weiterhin das Haus auf dem einen Teilstück, während sie den unbebauten Grundstücksteil veräußerten. Für den Veräußerungsgewinn machten die Kläger eine Befreiung von der Einkommensteuer wegen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken geltend. Nachdem Einspruch und Klage nicht erfolgreich waren, widersprach auch der Bundesfinanzhof dieser Ansicht. Er stellte zwar klar, dass sich die Tatbestandsausnahme in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht nur auf das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Gebäude erstreckt. Sie gilt auch auf den dazugehörenden Grund und Boden, sofern ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen dem Gebäude und dem Grundstück besteht. Dieser entfällt allerdings, wenn von dem bisherigen Wohngrundstück ein unbebauter Teil abgetrennt und später veräußert wird. Die dadurch entstandenen Grundstücke sind in Bezug auf ihre Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nun als eigenständige Wirtschaftsgüter zu betrachten. Dabei ist unbedeutend, ob der abgetrennte und später veräußerte Grundstücksteil vorher als Garten genutzt wurde.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz