2020

Anforderungen an einen lohnsteuerpflichtigen Sachbezug in Form eines Frühstücks

Unbelegte Backwaren wie Brötchen und Rosinenbrot mit einem Heißgetränk sind kein Frühstück im lohnsteuerrechtlichen Sinne. Für die Annahme eines einfachen Frühstücks gehört auf jeden Fall ein Aufstrich oder Belag hinzu. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 03.07.2019 (VI R 36/17). Im Streitfall hatte der Arbeitgeber, ein EDV-Dienstleister und Softwareentwickler, seinen Arbeitnehmern verschiedene unbelegte Backwaren sowie Heißgetränke zum sofortigen Verzehr im Betrieb kostenlos bereitgestellt. Die Mitarbeiter konnten diese während einer bezahlten vormittäglichen Pause, die vordergründig zugleich der fachlichen Kommunikation diente, verspeisen. Das Finanzamt sah dies als ein Frühstück an, das mit den amtlichen Sachbezugswerten zu versteuern sei. Der Bundesfinanzhof widersprach dieser Auffassung. Zwar kann die unentgeltliche oder verbilligte Abgabe von Speisen und Getränken durch den Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer zu Arbeitslohn führen. Arbeitslohn liegt aber grundsätzlich nur vor, wenn es sich um eine Mahlzeit wie Frühstück, Mittagessen oder Abendessen handelt. Es ist also genau zu bewerten, ab wann es sich um eine Mahlzeit handelt. Nicht steuerbaren Aufmerksamkeiten, die lediglich der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und der Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen dienen, kommt keine Entlohnungsfunktion zu. So verhielt es sich im entschiedenen Fall. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass unbelegte Brötchen auch in Kombination mit einem Heißgetränk nicht als Frühstück im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SvEV zu werten sind.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Zur Rückforderung von Altersvorsorgezulagen vom Zulageempfänger

Wie der Bundesfinanzhof im ergangenen Urteil vom 09.07.2019 (X R 35/17) entschied, kann nach Beendigung und Abwicklung eines Altersvorsorgevertrages die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) rechtsgrundlos geleistete Zulagebeträge vom Zulageempfänger zurückfordern. Auf ein Verschulden des Zulageempfängers kommt es dabei nicht an. Auch der Umstand, dass die ZfA über mehrere Jahre hinweg eine Auszahlung von Zulagen ohne eine Prüfung der Zulageberechtigung des Empfängers veranlasst hat, führt nicht zur Verwirkung des Rückforderungsanspruchs. Im Streitfall hatte die Klägerin bei einem Anbieter einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen. Aufgrund der Angaben des Anbieters, die Klägerin sei unmittelbar zulageberechtigt, zahlte die ZfA jährlich Zulagebeträge, die der Anbieter dem Konto der Klägerin gutschrieb. Am Ende des Altersvorsorgevertrages zum 01.05.2010 erhielt diese eine Einmalzahlung. Im Zuge einer Überprüfung nach § 91 EStG stellte die ZfA im Jahr 2011 fest, dass die Klägerin in den Jahren 2008 bis 2010 nicht die Voraussetzungen für eine Zulageberechtigung erfüllt hat. Sie forderte daher die gewährten Altersvorsorgezulagen in Höhe von insgesamt 462 EUR von der Klägerin zurück. Diese klagte dagegen, da die Zulageanträge von ihrem Anbieter herrührten und die ZfA die Auszahlungen ohne inhaltliche Prüfung vorgenommen hat. Sie treffe keinerlei Verschulden. Sie habe der ihr obliegenden Pflicht nach § 89 Abs. 1 Satz 5 EStG genügt und den Anbieter über Änderungen der Verhältnisse, die sich auf die Zulagenberechtigung auswirkten, rechtzeitig in Kenntnis gesetzt. Die fehlerhafte Beantragung für die strittigen Beitragsjahre sei demzufolge ohne ihre Mitwirkung erfolgt. Dennoch war das FG der Ansicht, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Klägerin auf Rückzahlung vorliegen. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Rechtmäßigkeit der Vorentscheidung mit Bezug auf § 37 Abs. 2 AO. Demzufolge kommt es auf ein etwaiges schuldhaftes Verhalten der Klägerin oder ihres Anbieters nicht an. Auch liegen zu vorgenannter Regelung keine die Altersvorsorgezulage betreffende Sondervorschriften vor, die eine Rückforderung verneinen. Ebenso kam im Streitfall eine Rückforderung über den Anbieter nicht in Betracht. Das Konto der Klägerin beim Anbieter existierte infolge der Beendigung des Altersvorsorgevertrages zum Zeitpunkt des Rückforderungsbescheides nicht mehr. Somit konnte es auch nicht mehr belastet werden. Der Bundesfinanzhof verwies auf das übergeordnete und allgemein herrschende Prinzip für einen Rückforderungsanspruch. Derjenige, der vom Staat auf Kosten der Allgemeinheit etwas erhalten hat, ist grundsätzlich verpflichtet, das Erhaltene zurückzuzahlen. Die Klägerin musste also nachfolgend noch mit einer Überprüfung der Richtigkeit der Zulagengewährung und einer etwaigen Rückforderung rechnen. Schon deshalb war sie in ihrem Vertrauen auf ein Behaltendürfen der Zulagen nicht schutzwürdig.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Qualifizierung der Tätigkeit eines Prüfingenieurs

Prüfingenieure, die Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen durchführen, üben eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 EStG aus und erzielen somit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Ihrer Freiberuflichkeit steht die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte nicht entgegen, wenn sie weiterhin leitend und eigenverantwortlich gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig sind. Hieran fehlt es jedoch, wenn beispielsweise in einer Personengesellschaft angestellte Prüfingenieure eigenständig Hauptuntersuchungen durchführen und dabei lediglich stichprobenartig überwacht werden. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 14.05.2019 (VIII R 35/16). Im Streitfall führte die Klägerin, eine GbR, unter anderem Haupt- und Abgasuntersuchungen durch. Ihre Gesellschafter waren selbst Prüfingenieure. Den überwiegenden Teil der im Streitjahr 2009 durchgeführten Haupt- und Abgasuntersuchungen hatten allerdings drei bei der Klägerin angestellte Prüfingenieure durchgeführt. Das Finanzamt erkannte die erklärten Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nicht an. Nach seiner Ansicht erzielte die Klägerin gewerbliche Einkünfte und dementsprechend setzte es Gewerbesteuer fest. Dies bestätigte der Bundesfinanzhof nun in seiner Entscheidung. Er beurteilte zwar die Tätigkeit der Gesellschafter der Klägerin grundsätzlich als persönlich freiberuflich, aber nur soweit sie selbst Hauptuntersuchungen durchgeführt hatten. Eine Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist für eine freiberufliche Tätigkeit nur dann unschädlich, wenn die Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Da die Klägerin allerdings den überwiegenden Teil der Prüftätigkeiten durch angestellte Prüfingenieure durchführen ließ, fehlte es an einer eigenverantwortlichen Tätigkeit der Gesellschafter. Dementsprechend ist ein selbständig tätiger Ingenieur nur eigenverantwortlich tätig, wenn die Ausführung jedes einzelnen Auftrags ihm selbst zuzurechnen ist und nicht dem (wenn auch qualifizierten) Mitarbeiter. Eine lediglich stichprobenartige Überwachung durch die Gesellschafter genügt diesen Anforderungen nicht. Die Klägerin erzielt daher insgesamt gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Rentenberater sind gewerblich tätig

Wie der Bundesfinanzhof mit seinen Urteilen vom 07.05.2019 (VIII R 2/16 und VIII R 26/16) entschied, erzielen Rentenberater gewerbliche Einkünfte. Demnach übt ein Rentenberater keine Tätigkeit aus, die einem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Katalogberufe, insbesondere dem des Rechtsanwalts oder Steuerberaters, ähnlich ist. Es fehlt an einer Vergleichbarkeit von Ausbildung und ausgeübter Tätigkeit. Auch erzielt ein Rentenberater keine Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, denn schwerpunktmäßig ist er beratend tätig. Ebenso ist er nicht berufsbildtypisch durch eine selbständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis, wie es für die gesetzlichen Regelbeispiele der Testamentsvollstrecker, Vermögensverwalter oder Aufsichtsratsmitglieder prägend ist, tätig. In den Streitfällen arbeiteten die Klägerinnen als Rentenberaterinnen. Zwar waren sie als solche im Rechtsdienstleistungsregister registriert, verfügten aber nicht über eine Zulassung als Rechtsanwältin oder Steuerberaterin. In ihren Einkommensteuererklärungen hatten sie freiberufliche Einkünfte angegeben. Die zuständigen Finanzämter sahen die Tätigkeit der Klägerinnen als gewerblich an und setzten Gewerbesteuer fest. Die dagegen gerichteten Klagen blieben ohne Erfolg. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen. Er stellte klar, dass es für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit gemäß § 18 EStG an den Voraussetzungen fehlt. Deshalb liegen gewerbliche Einkünfte vor. Selbst der Umstand, dass die Klägerinnen eine Tätigkeit ausüben, die auch von Rechtsanwälten wahrgenommen wird, begründet keine Ähnlichkeit zu diesem Beruf, da sie nur einen kleinen Ausschnitt des Berufsbildes eines Rechtsanwalts abdeckt. Das Gleiche gilt für das Berufsbild des Steuerberaters. Darüber hinaus erzielten die Klägerinnen auch keine Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Übernahme von Steuerberatungskosten bei Nettolohnvereinbarung und Abtretung der Steuererstattungsansprüche kein Arbeitslohn

Übernimmt der Arbeitgeber die Steuerberatungskosten des Arbeitnehmers für die Erstellung dessen Einkommensteuererklärung, führt dies nicht zwingend zu Arbeitslohn. Voraussetzung ist allerdings, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Nettolohnvereinbarung abgeschlossen haben und der Arbeitnehmer seine Steuererstattungsansprüche an den Arbeitgeber abgetreten hat. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 09.05.2019 (VI R 28/17). Damit gab er zugleich seine bisherige, anders lautende Rechtsprechung vom 21.01.2010 (VI R 2/08) auf. Im Streitfall handelte es sich bei der Klägerin um ein inländisches Tochterunternehmen eines weltweit tätigen Konzerns, der den internationalen Austausch von Mitarbeitern organisiert und abwickelt. Der Konzern unterstützt seine Arbeitnehmer auch bei der Erledigung ihrer steuerlichen Pflichten sowohl im Herkunfts- als auch im Entsendeland. Für die Jahre des Wechsels zwischen Herkunfts- und Entsendeland trägt der Konzern die Aufwendungen für die Erstellung der Steuererklärungen in beiden Ländern. Für die Jahre, in denen die Mitarbeiter nur im Entsendeland tätig sind, übernimmt der Konzern auch die Kosten für die Erstellung der persönlichen Einkommensteuererklärungen im Gastland. Die deutsche Tochtergesellschaft hatte daher mit den nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern des Konzerns Nettolohnvereinbarungen abgeschlossen. Sie übernahm die Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen dieser Mitarbeiter durch eine vom Konzern beauftragte Steuerberatungsgesellschaft. Zugleich traten die Arbeitnehmer ihre Steuererstattungsansprüche an die Arbeitgeberin ab. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Übernahme der Steuerberatungskosten zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führte und setzte gegenüber der Klägerin eine pauschale Lohnsteuer fest. Dem folgte der Bundesfinanzhof nicht. Nach seiner Ansicht wurden die Steuerberatungskosten nicht zur Entlohnung der Arbeitnehmer, sondern im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin übernommen. Deren Ziel war es, durch die Gestellung der Steuerberatung eine möglichst weitgehende Reduzierung ihrer Lohnkosten zu erreichen, da nur ihr allein die sich durch die Veranlagungen der Arbeitnehmer ergebenden Steuererstattungen zustanden. Denn diese hatten ihre Steuererstattungsansprüche an die Klägerin abgetreten. Von dem wirtschaftlichen Ergebnis der Steuerberatung konnten die Arbeitnehmer aufgrund der Nettolohnvereinbarungen und der Abtretung der Erstattungsansprüche daher nicht profitieren. Die wirtschaftlichen Vorteile aus der Erstellung der Einkommensteuererklärungen, der Prüfung der Steuerbescheide und der Einlegung etwaiger Standardeinsprüche waren für sie nicht privat verfügbar. Entscheidend für die Beurteilung des Sachverhalts war daher, dass nur die Klägerin von dem wirtschaftlichen Ergebnis der Steuerberatung profitieren konnte. Demzufolge stellte die Übernahme der Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen keinen Arbeitslohn dar. Unbedeutend war dabei, dass im konkreten Streitfall die Arbeitnehmer aus dem Ausland entsandt wurden. Bei gleicher Inlandssachlage hätte der Bundesfinanzhof ebenso entschieden.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz