2016
Geringfügige Überschreitung der Kleinunternehmergrenze
Ergibt sich aufgrund einer Außenprüfung nachträglich, dass die Höhe des Vorjahresumsatzes von 17.500 € überschritten wurde, so ist die Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG nicht mehr anwendbar. Da der Betrag eine unumstößliche Grenze darstellt, gilt dies auch bei geringfügiger Überschreitung. Das entschied das FG Sachsen-Anhalt mit seinem Beschluss vom 26.07.2016. Für den Fall, dass der Unternehmer subjektiv von einer Nichtüberschreitung ausgegangen ist und er aus diesem Grunde die Kleinunternehmerregelung angewendet hat, kann eine Billigkeitsmaßnahme in Betracht kommen. Diese ist aber in einem gesonderten Billigkeitsverfahren zu prüfen. Im Rahmen der Steuerfestsetzung kann diese nicht erfolgen. Im strittigen Fall hatte ein Selbstständiger für 2013 keine Umsatzsteuererklärung abgegeben. Das Finanzamt schätzte deshalb die Besteuerungsgrundlagen nach den Grundsätzen der Regelbesteuerung und legte demgemäß die Umsatzsteuer fest. Der Unternehmer erklärte im Rahmen seines Einspruchs, dass er aufgrund seiner Vorjahresumsätze in Höhe von nur 17.239,48 Euro auch für das Streitjahr 2013 einen Betrag unter 17.500 Euro erwartet hat. Deshalb nahm er bei der Umsatzsteuer die Kleinunternehmerregelung in Anspruch. Im Rahmen einer im Januar 2015 begonnenen Außenprüfung wurde jedoch festgestellt, dass er sich bei der Zusammenstellung seiner Umsätze aus 2012 um 152,78 Euro verrechnet hat. Da er zudem für die von ihm getätigten Privateinlagen keinen Nachweis erbringen konnte, wurden ihm Umsätze von knapp 3.000 Euro hinzugeschätzt, die allerdings im Laufe des Einspruchsverfahrens auf 780 Euro vermindert wurden. Mit den danach verbliebenen Umsätzen von 18.172,26 Euro überschritt er die Umsatzgrenze, wenn auch nur geringfügig. Das FG stützte die Auffassung des Finanzamts und widersprach der Anwendung der Kleinunternehmerregelung. Der Hinweis des Klägers, dass ein Unternehmer bereits zu Beginn des Kalenderjahres wissen muss, ob er der Regelbesteuerung unterliegt, wurde zwar nicht bestritten. Allerdings trage der Unternehmer das Risiko der zutreffenden Ermittlung der Umsätze und somit der Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung. Ergibt sich nachträglich, dass die Höhe des Vorjahresumsatzes die Umsatzgrenze von 17.500 Euro überschritten hat, so sind die Voraussetzungen dafür nicht mehr erfüllt. Ob im Streitfall eine Billigkeitsmaßnahme in Betracht kommt, muss in einem weiteren Verfahren geprüft werden. Im entschiedenen Fall ging es nur um die Steuerfestsetzung, die rechtens war.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Schwarzer Anzug ist keine typische Berufsbekleidung eines Orchestermusikers
Mit seinem Urteil vom 13.07.2016 entschied das FG Münster, dass ein Orchestermusiker Aufwendungen für ein schwarzes Sakko und schwarze Hosen nicht als Werbungskosten geltend machen darf. Es handele sich dabei nicht um typische Berufsbekleidung, sondern um bürgerliche Kleidung. Somit fallen die Aufwendungen dafür in den Bereich der privaten Lebensführung. Der schwarze Anzug eines Orchestermusikers dient lediglich dem festlichen Erscheinungsbild des gesamten Orchesters. Das ist nicht vergleichbar mit einem Oberkellner oder Leichenbestatter, deren schwarze Anzüge typische Berufsbekleidung darstellen. Im Streitfall hatte der Kläger, ein angestellter Musiker in einem Philharmonischen Orchester, ein schwarzes Sakko und zwei schwarze Hosen zum Preis von 550 € erworben. Laut Dienstvertrag ist er dazu verpflichtet, bei Konzerten schwarze Kleidung zu tragen. Dafür erhält er monatlich vom Arbeitgeber ein lohnsteuerpflichtiges Kleidergeld. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2014 setzte der Kläger die Aufwendungen für die gekaufte Kleidung als Werbungskosten an. Das Finanzamt erkannte diese Aufwendungen jedoch nicht als solche an und verwies auf das Abzugs- und Aufteilungsverbot gemäß § 12 EStG. Das FG stützt mit seinem Urteil diese Auffassung. Es begründet seine Entscheidung u. a. damit, dass der Kläger seine schwarze Bekleidung nicht in einem Fachhandel für Berufsbekleidung erworben hat und auch privat nutzen darf. Grundsätzlich scheidet die Berücksichtigung der Aufwendungen für Bekleidung als Werbungskosten bereits immer dann aus, wenn die private Benutzung eines Kleidungsstücks als bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegt. Somit kommt auch die Annahme von gemischt genutzten Aufwendungen nicht in Betracht. Selbst die monatliche Zahlung des Kleidergeldes führt nicht zu der Wertung als eine typische Berufsbekleidung. Der Arbeitgeber des Klägers trägt damit lediglich durch seine Bekleidungsvorschrift zur Entstehung der Ausgaben bei.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Kein Werbungskostenabzug der Studienkosten bei einem Stipendium
Gemäß einem Urteil des FG Köln vom 20.05.2016 können Studienkosten nicht als vorweggenommene Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden, wenn die Kosten im Rahmen eines Studiums steuerfrei erstattet wurden. Im entschiedenen Fall hatte ein Rechtsanwalt geklagt. Für sein Aufbaustudium zum Master of Laws in den USA hatte er ein Stipendium vom Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD) erhalten. Von seinen Kosten für das Auslandsstudium in Höhe von ca. 30.000 € erstattete ihm der DAAD 22.000 €. In seiner Steuererklärung machte der Kläger für das Streitjahr 2010 die gesamten Kosten als vorweggenommene Werbungskosten geltend. Er war der Auffassung, dass die Leistungen des DAAD wie Unterhaltszahlungen der Eltern zu behandeln und deshalb in vollem Umfang abziehbar seien. Das Finanzamt allerdings berücksichtigte nur die Differenz, also ca. 8.000 €. Diese Ansicht stützte das FG mit seinem Urteil. Es stellte klar, dass nur die Aufwendungen abziehbar sind, die der Kläger tatsächlich selbst getragen hat. Aufgrund des Stipendiums sei bei ihm keine Vermögensminderung eingetreten. Auch habe der DAAD andere Beweggründe zur Zahlung des Stipendiums, nämlich den wissenschaftlichen und studentischen Austausch mit dem Ausland, als Eltern bei der Zahlung des Unterhalts. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Revision zugelassen. Denn die steuerliche Behandlung erhaltener Zahlungen aus Stipendien, die nicht einer konkreten Erwerbstätigkeit zugeordnet werden können, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden
Mit seinem Urteil vom 10.08.2016 entschied der Bundesfinanzhof über die Vorsteueraufteilung für ein gemischt genutztes Gebäude sowie die Berichtigung des Vorsteuerabzugs. Im Streitfall ging es zum einen um die Höhe des Vorsteuerabzugs aus Baukosten sowie aus laufenden Kosten für ein Wohn- und Geschäftshaus. Mit diesem erzielte die Klägerin sowohl steuerfreie als auch steuerpflichtige Vermietungsumsätze. Zum anderen war strittig, ob bereits anerkannte Vorsteuerbeträge vom Finanzamt im Wege der Vorsteuerberichtigung von der Klägerin zurückgefordert werden dürfen. Grundsätzlich gilt für gemischt genutzte Gebäude, dass ein Vorsteuerabzug nur für die bezogenen Eingangsleistungen zulässig ist, die von einem Unternehmer für steuerpflichtige Ausgangsumsätze verwendet werden. Das bedeutet, dass die insgesamt angefallenen Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt werden müssen. Seit mit Wirkung vom 01.01.2004 in diese Vorschrift Satz 3 eingefügt wurde, ist allerdings eine Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel, also nach dem Verhältnis der voraussichtlichen steuerpflichtigen zu den steuerfreien Ausgangsumsätzen, nur noch nachrangig zulässig. Im konkreten Fall hatte die Klägerin die abziehbaren Vorsteuern für das Streitjahr 2004 nach dem Umsatzschlüssel ermittelt. Das Finanzamt hingegen legte der Vorsteueraufteilung den Flächenschlüssel zugrunde, der für die Klägerin ungünstiger war. Dazu stellte der Bundesfinanzhof klar, dass bei der Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes (im Gegensatz zu den laufenden Aufwendungen) für die Aufteilung der Vorsteuer die prozentualen Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes entscheidend sind. Es kann also nicht darauf abgestellt werden, welche Aufwendungen in bestimmte Teile des Gebäudes eingehen. Für diese Fälle ermöglicht der objektbezogene Flächenschlüssel bei der Vorsteueraufteilung in der Regel eine sachgerechte und präzisere Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug als der gesamtumsatzbezogene oder der objektbezogene Umsatzschlüssel. Allerdings müssen die verschiedenen Zwecken dienenden Flächen miteinander vergleichbar sein. Ob die Vergleichbarkeit der Flächen im Streitfall gegeben und der Flächenschlüssel damit präziser als der Umsatzschlüssel ist, hat das zuständige FG noch zu prüfen. Auch bezüglich der Rückforderung von bereits anerkannten Vorsteuerbeträgen stützte der Bundesfinanzhof die Auffassung des Finanzamts. Bei Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse innerhalb von zehn Jahren ist ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung für jedes Kalenderjahr der Änderung eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen. Die Neuregelung der Aufteilungsmethode für den Vorsteuerabzug durch § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG kann eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse bewirken. So ist das im Streitfall geschehen und zu bewerten. Die vorgenommene Vorsteuerberichtigung ist demzufolge rechtens.Anmerkung: Die Vergleichbarkeit von Flächen kann beispielsweise dann nicht gegeben sein, wenn es sich hierbei um Wohn- und Verkaufsflächen handelt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Anschaffungsnahe Herstellungskosten bei Gebäudesanierung
Der Bundesfinanzhof präzisierte in drei Urteilen vom 14.06.2016 (IX R 25/14, IX R 15/15, IX R 22/15) den Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen für die Fälle, in denen in zeitlicher Nähe zur Anschaffung eines Gebäudes neben sonstigen Sanierungsmaßnahmen reine Schönheitsreparaturen durchgeführt werden. Danach sind unter Instandsetzung und Modernisierung alle baulichen Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden bzw. Einrichtungen erneuert werden, um das Gebäude in einen zeitgemäßen Zustand zu versetzen. Zu den Aufwendungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG, also zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten, gehören demzufolge auch Schönheitsreparaturen. Ausgenommen sind lediglich Maßnahmen, die in Satz 2 der Vorschrift benannt sind (beispielsweise jährlich anfallende Erhaltungsarbeiten). Anschaffungsnahe Herstellungskosten können nur im Wege der Absetzungen für Abnutzung (AfA) über die Nutzungsdauer des Gebäudes verteilt steuerlich geltend gemacht werden. Der Gesetzgeber geht grundsätzlich immer dann von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes aus, wenn die baulichen Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden und die Kosten 15 % der Anschaffungskosten überschreiten. Erhält der Käufer eine teilweise Erstattung der Aufwendungen für Material und Fertigungsleistungen von dritter Seite, ist nur der tatsächlich vom ihm getragene Anteil in die Ermittlung der anschaffungsnahen Herstellungskosten einzubeziehen. In den Streitfällen hatten die Kläger Immobilienobjekte erworben und in zeitlicher Nähe zur Anschaffung diese umgestaltet, renoviert und instandgesetzt mit dem Ziel der anschließenden Vermietung. Dabei wurden Wände eingezogen, Bäder erneuert, Fenster ausgetauscht und energetische Verbesserungsmaßnahmen sowie Schönheitsreparaturen durchgeführt. Die Kläger machten die dafür entstandenen Kosten als sofort abziehbare Werbungskosten geltend. Da die gesamten Nettokosten der Renovierungen jeweils 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes überstiegen, ging das Finanzamt mit Bezug auf § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG von anschaffungsnahen Herstellungskosten aus und gestattete dafür nur die AfA-Regelung. Die Kläger beanstandeten, dass zumindest die Aufwendungen für reine Schönheitsreparaturen (das Tapezieren und das Streichen von Wänden, Böden, Heizkörpern, Innen- und Außentüren sowie der Fenster) nicht unter den Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen fallen und somit auch nicht als anschaffungsnahe Herstellungskosten gewertet werden dürfen. Diesen Auffassungen widerspricht nun der Bundesfinanzhof mit seinen Urteilen. Er nimmt damit Bezug auf die vom Gesetzgeber zum Zweck der Rechtsvereinfachung und -sicherheit geschaffenen typisierenden Regelung. Danach müssen sämtliche Kosten für bauliche Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes anfallen, zusammengerechnet werden. Übersteigt die Gesamtsumme der innerhalb von drei Jahren entstandenen Renovierungskosten 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes, handelt es sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten, die nur nach der AfA-Regelung abgeschrieben werden dürfen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz