2016

Aufwendungen für Besuchsfahrten des Ehegatten sind keine Werbungskosten

Mit seinem Urteil vom 22.10.2015 entschied der Bundesfinanzhof, dass Aufwendungen für Besuchsfahrten eines Ehepartners zur auswärtigen Tätigkeitsstätte des anderen Ehepartners auch bei dessen längerfristiger Auswärtstätigkeit grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehbar sind. Im zugrundeliegenden Fall war der Kläger im Streitjahr 2007 auf verschiedenen Baustellen im Ausland als Monteur eingesetzt. In der Zeit vom 27. August 2007 bis zum 12. Oktober 2007 arbeitete er auf einer Baustelle in den Niederlanden. Dort besuchte ihn im vorgenannten Zeitraum seine Ehefrau dreimal.  Die Aufwendungen für die Fahrten der Ehefrau (520 km x 0,30 EUR x 3 Fahrten = 468 EUR) machte der Kläger als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Seine Arbeitgeberin bescheinigte ihm, dass die Anwesenheit des Klägers auf der Baustelle an den Wochenenden aus produktionstechnischen Gründen erforderlich gewesen sei. Während das Finanzamt diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten anerkannte, gab das FG einer Klage statt. Im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung lasse die Rechtsprechung den Aufwand für eine sogenannte umgekehrte Familienheimfahrt durch den Ehegatten zum Werbungskostenabzug zu, wenn der Steuerpflichtige die Familienheimfahrt aus beruflichen Gründen nicht selbst durchführen könne. Im Streitfall könne diese Wertung nicht anders ausfallen. Dem widersprach nun der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil. Eine berufliche Veranlassung liege vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Dazu gehören beruflich veranlasste Fahrtkosten sowie auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Aufwendungen für die Wege vom Beschäftigungsort zum Ort des eigenen Hausstands und zurück können jeweils für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden. Die Reisen der Ehefrau sind jedoch keine Familienheimfahrten im Sinne der gesetzlichen Vorschrift. Der Kläger unterhielt an seinem Beschäftigungsort in den Niederlanden weder eine doppelte Haushaltsführung noch nahm er die Fahrten selbst vor, wie es Familienheimfahrten erfordern. Auch sind die Fahrten der Ehefrau nicht beruflich veranlasst. Diese berufliche Veranlassung ist selbst dann nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer eine Fahrt zwischen seiner auswärtigen Tätigkeitsstätte und der Wohnung nicht selbst durchführen kann, weil seine Anwesenheit am auswärtigen Tätigkeitsort erforderlich ist. Der Ersatzcharakter der Fahrt begründet keine berufliche Veranlassung der an sich privaten Fahrt des Ehepartners.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Zum Zuordnungswahlrecht bei sonstigen Leistungen

Mit seinem Urteil vom 14.10.2015 stellte der Bundesfinanzhof klar, dass das Zuordnungswahlrecht nur für die Herstellung und Anschaffung von Gegenständen gilt, nicht aber für den Bezug von sonstigen Leistungen. Diese sind gemäß § 15 Abs. 4 UStG entsprechend ihrer beabsichtigten Verwendung aufzuteilen. Im strittigen Fall ist die Klägerin Eigentümerin eines im Jahre 2003 fertiggestellten Gebäudes, das zu 20 % der Gesamtwohnfläche von ihrem Ehemann, einem selbständigen Steuerberater, als Büro genutzt wird. Der Rest des Gebäudes dient als Familienwohnung. Die Klägerin ordnete anfangs das gesamte Gebäude ihrem Unternehmensvermögen zu. Die Privatnutzung des Gebäudes versteuerte sie als unentgeltliche Wertabgabe. Aus den Herstellungskosten des Gebäudes machte sie den vollen Vorsteuerabzug einschließlich des privat genutzten Teils geltend. Das war zu diesem Zeitpunkt unstrittig. Ab 01.01.2007 vermietete sie dann das gesamte Gebäude für monatlich 1.500 EUR zzgl. Umsatzsteuer an ihren Ehemann. Die Nutzungsanteile änderten sich nicht. In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2007 erklärte die Klägerin steuerpflichtige Vermietungsumsätze in Höhe von insgesamt 18.000 EUR, aber keine unentgeltliche Wertabgabe mehr. Der Ehemann ordnete das Nutzungsrecht an dem Gebäude insgesamt seiner Steuerberaterpraxis zu und machte den vollen Vorsteuerabzug aus der Anmietung geltend. Das lehnte das Finanzamt ab. Es nahm zudem eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs in Höhe von 4.297,89 EUR bei der Klägerin vor. Das sind 10 % der ursprünglich auf den privat genutzten Gebäudeteil geltend gemachten Vorsteuern. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Zur Begründung seines Urteils führte das FG aus, die Option der Klägerin sei nur für den Teil des Gebäudes wirksam, den der Ehemann für seine Steuerberatungspraxis genutzt habe. Für den privat genutzten Gebäudeteil habe sie nicht zur Umsatzsteuer optieren können. Zwar habe der Ehemann der Klägerin eine Zuordnungsentscheidung zu seinem Unternehmen für das gesamte Gebäude getroffen. Durch Beibehaltung der bisherigen Nutzungsverhältnisse ist die Berechtigung zum Vorsteuerabzug jedoch ausgeschlossen, da die Zuordnung nur für Gegenstände, nicht aber für sonstige Leistungen (hier Vermietungsleistungen) möglich ist. Dieser Auffassung schloss sich der Bundesfinanzhof an. Er stellte außerdem klar, dass bei Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse innerhalb von zehn Jahren seit der erstmaligen Verwendung entsprechende Berichtigungen vorzunehmen sind. Und zwar ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Korrektur des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Diese Situation trifft auf den Streitfall zu. Die Vermietung des gesamten Gebäudes ab 01.01.2007 berechtigte die Klägerin nur noch zum anteiligen Vorsteuerabzug für die als Steuerberatungspraxis genutzte Einliegerwohnung.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Lohnsteuerpauschalierung bei geldwerten Vorteilen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - Ausübung des Wahlrechts

Mit seinem Urteil vom 24.09.2015 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass das Wahlrecht des Arbeitgebers, die Lohnsteuer für geldwerte Vorteile bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG zu pauschalieren, nicht durch einen Antrag, sondern durch Anmeldung der mit einem Pauschsteuersatz erhobenen Lohnsteuer ausgeübt wird. Ein dahingehender Antrag, der im finanzgerichtlichen Verfahren gestellt wird, ist unbeachtlich. Das FG darf einen Haftungsbescheid des Finanzamts nicht aufheben und stattdessen einen niedrigeren Nachforderungsbetrag festsetzen. Im strittigen Fall ermöglichte die Klägerin ihren Mitarbeitern den Erwerb von sogenannten Job-Tickets. Dabei handelte es sich um ermäßigte, auf den Namen der Mitarbeiter ausgestellte, nicht übertragbare Jahreskarten für das regionale Verkehrsnetz. Die Klägerin übernahm einen monatlichen Grundbetrag in Höhe von durchschnittlich 6,135 EUR je Mitarbeiter. Da es sich bei Job-Tickets  um ermäßigte Jahreskarten handelte, waren seitens des Klägers  je Mitarbeiter sofort 73,62 EUR an die Verkehrsbetriebe fällig. Der Eigenanteil der Mitarbeiter wurde durch Lastschrifteinzug von deren Girokonto an die beteiligten Verkehrsbetriebe entrichtet. Eine Lohnsteuer-Außenprüfung stellte fest, dass die Klägerin im Streitjahr 2005 zwar Grundbeträge in Höhe von insgesamt 408.370 EUR entrichtete, diese aber nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen hatte. Der Prüfer beurteilte den Gesamtbetrag von 73,62 EUR je Arbeitnehmer als steuerbaren geldwerten Vorteil. Da es sich ausschließlich um den Erwerb von Jahreskarten handelte, sei der Betrag einmal jährlich sofort dem Arbeitnehmer zugeflossen. Damit sei die monatliche Freigrenze von 44 EUR für Sachbezüge überschritten. Aus Vereinfachungsgründen erfolgte die Inanspruchnahme des Arbeitgebers, weil gleiche Berechnungsfehler bei einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern gemacht wurden. Eine nachträgliche, rückwirkende Pauschalierung der Besteuerungsgrundlagen nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG mit 15 % kam nicht infrage. Somit wurde für die Nachforderung ein Bruttosteuersatz von 30,10 % festgesetzt. Das Finanzamt erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid gegen den Arbeitgeber. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Auch der Bundesfinanzhof teilte die Auffassung der Vorinstanzen. Der Haftungstatbestand sei hinsichtlich des den Arbeitnehmern der Klägerin eingeräumten verbilligten Erwerbs der Jahreskarten erfüllt. Denn danach haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und abzuführen hat. Dieser Verpflichtung ist der Arbeitgeber nicht nachgekommen. Im Streitfall hat die Klägerin für den geldwerten Vorteil aus der verbilligten Überlassung der Job-Tickets in keiner Lohnsteuer-Anmeldung pauschale Lohnsteuer erhoben. Der von der Klägerin erstmals im August 2013 gestellte Antrag auf Lohnsteuerpauschalierung geht ins Leere, da ein solcher Antrag für die Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG gesetzlich nicht vorgesehen ist. Er kann weder die erforderliche Erhebung der pauschalen Lohnsteuer in der Lohnsteuer-Anmeldung ersetzen noch das Pauschalierungsverfahren in Gang setzen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Anforderungen an einen konkludenten Antrag auf Ist-Besteuerung

Ein Antrag auf Ist-Besteuerung kann auch konkludent, also stillschweigend, gestellt werden. Voraussetzung ist, dass aus der Steuererklärung deutlich ersichtlich sein muss, dass die Umsätze auf Grundlage vereinnahmter Entgelte erklärt wurden. Das kann sich aus einer eingereichten Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ergeben. Hat ein Steuerpflichtiger einen hinreichend deutlichen Antrag auf Genehmigung der Ist-Besteuerung beim Finanzamt gestellt, dann beinhaltet die antragsgemäße Festsetzung der Umsatzsteuer, dass der Antrag genehmigt worden ist. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 18.08.2015. Im zugrundeliegenden Fall ist strittig, ob die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten durch das Finanzamt gestattet wurde. Der Kläger ist ein Verein, der seinen Gewinn durch Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelte und in seinen Umsatzsteuererklärungen die Umsätze nach vereinnahmten Entgelten erklärte. Die Umsatzsteuer wurde entsprechend den eingereichten Umsatzsteuererklärungen festgesetzt. Im Anschluss an eine für die Jahre 2006 bis 2010 durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung erklärte das Finanzamt, dass dem Verein die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten nicht gestattet gewesen sei. Es liege mit der Einreichung der Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre kein konkludenter Antrag auf Ist-Besteuerung vor. Es erließ deshalb für die Streitjahre 2006 bis 2008 geänderte Umsatzsteuerbescheide, in denen die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten berechnet wurde. FG und Bundesfinanzhof widersprachen dieser Auffassung. Aus den Akten war ersichtlich, dass das Finanzamt die Verknüpfung zwischen den Umsatzsteuererklärungen und der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG durchaus erkannt hat. Beispielsweise befand sich in der Umsatzsteuerverprobung für das Streitjahr 2006 ein Hinweis des Bearbeiters auf die Einnahmenüberschussrechnung. Der Kläger konnte also davon ausgehen, dass das Finanzamt seinem konkludenten Antrag auf Gestattung der Ist-Besteuerung zugestimmt hat. Die sogar über mehrere Jahre antragsgemäße Festsetzung der Umsatzsteuer hat den Erklärungsinhalt, dass der Antrag genehmigt worden ist.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Rückerstattete Kreditbearbeitungsgebühren und negative Einlagezinsen

Aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofs, dass die formularmäßige Vereinbarung von Bearbeitungsgebühren in Darlehensverträgen unwirksam ist, hat das Bundesministerium für Finanzen mit Schreiben vom 27.05.2015 Festlegungen zu den steuerlichen Auswirkungen getroffen. Da die Kreditnehmer nunmehr einen Anspruch auf Rückzahlung der entrichteten Kreditbearbeitungsgebühren haben, sind diese als Kapitalerträge zu behandeln. Das auszahlende Institut ist demzufolge zum Einbehalt der Kapitalertragsteuer verpflichtet. Wurde bereits von einzelnen Kreditinstituten entsprechender Nutzungsersatz ohne Einbehalt von Kapitalertragsteuer ausgezahlt, haben diese den Steuerabzug nachzuholen. Behält ein inländisches Kreditinstitut negative Einlagezinsen für die Überlassung von Kapital ein, stellen diese keine Zinsen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG dar, da sie vom Kapitalnehmer an den Kapitalgeber nicht als Entgelt gezahlt werden. Es handelt sich in dem Falle um Verwahr- und Einlagegebühren, die bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten mit dem Sparer-Pauschbetrag erfasst sind.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz