2016

Verluste aus dem Verfall von Optionen sind steuerlich berücksichtigungsfähig

Der Bundesfinanzhof entschied mit drei Urteilen vom 12.01.2016 (IX R 48/14, IX R 49/14, IX R 50/14), dass Verluste aus dem Verfall von Optionen die Einkünfte aus Kapitalvermögen mindern. Die Steuerpflichtigen dürfen daher den Wertverlust mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen (z. B. Einnahmen aus Zinsen oder Dividenden) verrechnen und steuerlich nutzen. Der Bundesfinanzhof richtet sich mit seinen Urteilen ausdrücklich gegen die Rechtsauffassung des Bundesministeriums der Finanzen. Sie sind auch deshalb von besonderer Bedeutung, da sie zur heute geltenden Rechtslage nach Einführung der Abgeltungssteuer ergingen. In den  entschiedenen Fällen hatten Privatanleger jeweils Aktien- und Indexoptionen erworben. Der Kurs der Wertpapiere und Aktienindizes entwickelte sich nicht wie erwartet. Die Anleger ließen die Optionen verfallen und nach dem Ende der Laufzeit als wertlos aus den Wertpapierdepots ausbuchen. In ihren Einkommensteuererklärungen machten sie den Verlust der Anschaffungskosten als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Während die Finanzbehörden die Verluste aus dem Verfall der wertlos gewordenen Optionen steuerlich nicht anerkannten, widersprach der Bundesfinanzhof mit seinen Urteilen dieser Auffassung. Demnach sind optionsbedingte Verluste bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen mit Bezug auf § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG zu berücksichtigen. Das gehe aus dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift hervor. In dem Zusammenhang sei es unerheblich, ob der Anleger aufgrund der Option auch den zugrundeliegenden Basiswert erwirbt oder ob er einen sich aus dem Optionsgeschäft ergebenen Unterschiedsbetrag in bar ausgleicht. Ertagsteuerrechtlich seien die Anschaffung der Option und der Ausgang des Optionsgeschäfts als Einheit zu betrachten.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Vorsteuerabzug bei beabsichtigter Unternehmensgründung

Mit seinem Urteil vom 11.11.2015 entschied der Bundesfinanzhof, dass der Gesellschafter einer erst noch zu gründenden GmbH grundsätzlich nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn der Leistungsbezug bei der GmbH zu einem Investitionsumsatz führen soll. Im Streitfall wollte der Kläger über eine von ihm zu gründende GmbH als Alleingesellschafter eine unternehmerische Tätigkeit aufnehmen. Im Rahmen eines Unternehmenskaufs sollte die GmbH die Betriebsmittel einer anderen Firma erwerben. Der Kläger wurde hierfür durch eine Unternehmensberatung für Existenzgründer und einen Rechtsanwalt beraten. GmbH-Gründung und Unternehmenskauf fanden allerdings nicht statt. Der Kläger ging davon aus, dass er trotzdem zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG für die Beratungsleistungen berechtigt sei. Während das FG dem folgte, verneinte der Bundesfinanzhof den Anspruch auf Vorsteuerabzug und hob die Entscheidung der Vorinstanz auf. Maßgeblich hierfür ist die rechtliche Eigenständigkeit der GmbH. Der Kläger wäre zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen, wenn er beabsichtigt hätte, das Unternehmen selbst zu kaufen, um es als Einzelunternehmer zu betreiben; unabhängig davon, ob die Unternehmensgründung erfolgreich war. Ein Gesellschafter einer zukünftigen GmbH kann aber den Vorsteuerabzug nur in Anspruch nehmen, wenn er Vermögensgegenstände erwirbt, um diese auf die GmbH zu übertragen. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Investitionsumsatz. Beispielsweise kommt ein Vorsteuerabzug in Betracht, wenn der Gesellschafter ein Grundstück erwirbt und dann in die GmbH einlegt. Beratungsleistungen jedoch sind nicht auf die spätere GmbH übertragungsfähig. Demzufolge bestand im Streitfall kein Recht auf Vorsteuerabzug für diese Leistungen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Kein Betriebsausgabenabzug im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit bei Nutzung eines nach der sogenannten 1-%-Regelung versteuerten Dienstwagens eines Arbeitnehmers

Ein Arbeitnehmer, der einen Dienstwagen auch für seine selbständige Tätigkeit nutzen darf, kann keine Betriebsausgaben für den PKW abziehen, wenn die private Nutzungsüberlassung nach der sogenannten 1-%-Regelung versteuert worden ist und der Arbeitgeber sämtliche Fahrzeugkosten getragen hat. Das entschied er Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 16.07.2015. Im strittigen Fall erzielte der Kläger als Unternehmensberater sowohl Einkünfte aus nichtselbständiger als auch aus selbständiger Tätigkeit. Seine Arbeitgeberin stellte ihm einen Dienstwagen zur Verfügung. Diesen durfte der Kläger uneingeschränkt für Fahrten im Rahmen seiner Angestelltentätigkeit sowie auch im privaten und freiberuflichen Bereich nutzen. Sämtliche Kosten des Fahrzeugs trug die Arbeitgeberin. Der Kläger legte im Streitjahr 2008 insgesamt 60.000 km zurück. Davon entfielen 37.000 km auf die Angestelltentätigkeit, 18.000 km auf die freiberufliche Tätigkeit und 5.000 km auf private Fahrten. Für die Nutzungsüberlassung des PKW erfolgte eine Besteuerung des Sachbezugs nach der sogenannten 1-%-Regelung. Bei seinen Einkünften aus selbständiger Beratertätigkeit machte der Kläger für das Fahrzeug Betriebsausgaben geltend. Diese ermittelte er, indem er von dem versteuerten Sachbezug in Höhe von 4.968 EUR seinen freiberuflichen Fahrtenanteil (18 000 km = 78,3 %) errechnete. Das Finanzamt lehnte den Betriebsausgabenabzug ab. FG und Bundesfinanzhof folgten dieser Auffassung. Es wurde klargestellt, dass für den Abzug von Betriebsausgaben beim Steuerpflichtigen selbst und nicht bei einem Dritten Aufwendungen entstanden sein müssen; veranlasst durch die selbständige Tätigkeit. Im Streitfall trug jedoch ausschließlich die Arbeitgeberin des Klägers sämtliche Kosten des Fahrzeugs. Des Weiteren verwies der Bundesfinanzhof darauf, dass die Anwendung der 1-%-Regelung unabhängig davon erfolgt, in welchem Umfang und wie bzw. ob überhaupt ein Arbeitnehmer den PKW tatsächlich nutzt. Für ihn ergeben sich daher auf der Einnahmenseite keinerlei Nachteile, wenn er den Dienstwagen auch zur Erzielung anderer Einkünfte verwendet. Im Gegenteil, er spart die Fahrzeugkosten für einen eigenen PKW. Im Rahmen seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit findet deshalb bei ihm keinerlei Wertabfluss statt. Somit ist ein Betriebsausgabenabzug nicht gerechtfertigt.

Hinweis: Bei Führung eines Fahrtenbuches käme möglicherweise ein Betriebsausgabenabzug in Betracht.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Konsekutives Masterstudium als Teil der Erstausbildung

Nach der ab 2012 geltenden Fassung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist Kindergeld für ein in Ausbildung befindliches Kind zu gewähren, solange dieses nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat. Es kommt dabei grundsätzlich nicht darauf an, ob es sich um eine Erst-, Zweit- oder Drittausbildung handelt. Allerdings entfällt der Kindergeldanspruch, wenn das Kind nach seiner Erstausbildung neben einer weiteren Ausbildung regelmäßig mehr als 20 Stunden pro Woche arbeitet. Mit seinem Urteil vom 03.09.2015 entschied der Bundesfinanzhof nun, dass ein Masterstudium jedenfalls dann Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist, wenn es zeitlich und inhaltlich auf den vorangegangenen Bachelorstudiengang abgestimmt ist. Es handelt sich dann um ein sogenanntes konsekutives Masterstudium. Unter diesen Voraussetzungen besteht auch nach Abschluss eines Bachelorstudienganges ein Anspruch auf Kindergeld. Im Streitfall beendete der Sohn der Klägerin im April 2013 den Studiengang Wirtschaftsmathematik mit dem Bachelor-Abschluss. Seit dem Wintersemester 2012/2013 war er an derselben Universität ebenfalls im Bereich Wirtschaftsmathematik bereits für den Masterstudiengang eingeschrieben. Diesen Studiengang führte er nach Erlangung des Bachelor-Abschlusses fort. Parallel war er für 21,5 Stunden wöchentlich als studentische Hilfskraft und als Nachhilfelehrer tätig. Nach Erreichen des Bachelor-Abschlusses hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung auf. Sie ging dabei davon aus, dass die Erstausbildung des Sohnes mit diesem Abschluss beendet sei. Eine Weitergewährung bis zum Abschluss des Masterstudiums als Zweitstudium sei nicht möglich, da das Kind währenddessen mehr als 20 Stunden pro Woche gearbeitet habe. Das FG schloss sich der Auffassung der Familienkasse an. Der Bundesfinanzhof allerdings folgte dem nicht. Gemäß seinem Urteil ist das im Anschluss an das Bachelorstudium durchgeführte Masterstudium nicht als weitere, sondern noch als Teil einer einheitlichen Erstausbildung zu werten. Bachelor- und Masterstudium wurden demnach in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang durchgeführt. Das sogenannte konsekutive Masterstudium stellte sich daher als integrativer Teil einer einheitlichen Erstausbildung dar. Somit war im Streitfall die Erstausbildung mit der Erlangung des Bachelor-Abschlusses noch nicht beendet. Es war daher ohne Belang, dass der Sohn der Klägerin bis zur Erlangung des Masterabschlusses mehr als 20 Stunden pro Woche gearbeitet hatte.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Offenbare Unrichtigkeit in der Einkommensteuererklärung aufgrund eines versehentlich nicht erklärten Sonderausgaben-Abzugsbetrages

Eine offenbare Unrichtigkeit kann vorliegen, wenn das Finanzamt einen erkennbaren Erklärungsfehler in die Veranlagung übernimmt. So entschied das FG Köln in seinem Urteil vom 03.07.2014. Im Streitfall hatte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung 2008 für die Beiträge seiner kapitalgedeckten Rentenversicherung  keine Eintragungen vorgenommen. Er hatte also abzugsfähige Versicherungsbeiträge versehentlich nicht als Sonderausgaben im Mantelbogen der Einkommensteuererklärung angegeben. Die Bescheinigungen der Versicherung hatte er allerdings als Anlage beigefügt. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer 2008 erklärungsgemäß fest. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragte daraufhin die Berichtigung der Einkommensteuerfestsetzung 2008 unter Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben. Gemäß § 129 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit (innerhalb der Verjährungsfrist) berichtigen. Das Finanzamt lehnte dies jedoch ab, da die Beiträge zur Rentenversicherung in der Steuererklärung nicht beantragt wurden. Im Einspruchsverfahren verwies der Kläger darauf, dass es sich bei der Ausfertigung der Reinschrift der Steuererklärung schlicht um einen Übertragungsfehler gehandelt habe. Diesen habe das Finanzamt als offenbare Unrichtigkeit übernommen. Der Fehler sei für die Behörde offensichtlich gewesen, da der Steuererklärung eine Bescheinigung über die geleisteten Versicherungsbeiträge beigefügt war. Auch dies wies das Finanzamt zurück. Das FG Köln stimmte dem nicht zu. Nach seiner Auffassung handelt es sich um einen Fehler des Klägers, den das Finanzamt zu seinem eigenen gemacht hat. Der Fehler war eindeutig und augenfällig, sodass die Sonderausgaben auch nachträglich noch zu berücksichtigen waren.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz