2019

Ortsübliche Marktmiete bei der Überlassung einer möblierten Wohnung

Bezieht sich ein Mietspiegel nicht auf möbliert oder teilmöbliert vermietete Wohnungen, ist für die Möblierung im Rahmen der Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete im Sinne des § 21 Abs. 2 EStG ein Zuschlag zu berücksichtigen. Vorausgesetzt, auf dem örtlichen Mietmarkt für möblierte Wohnungen lässt sich hierfür ein Zuschlag ermitteln. Ein Möblierungszuschlag darf nicht aus dem Monatsbetrag der linearen Abnutzung für Abschreibung (AfA) für die überlassenen Möbel und Einrichtungsgegenstände abgeleitet werden. Auch der Ansatz eines prozentualen Mietrenditeaufschlags ist nicht zulässig. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 06.02.2018 (IX R 14/17). Im Streitfall vermietete ein Ehepaar, die Kläger, ihrem Sohn eine 80 qm große Wohnung zu einer Kaltmiete von 324,19 EUR. Die Wohnung war mit einer neuen Einbauküche ausgestattet. Zudem wurden eine Waschmaschine und ein Trockner zur Nutzung überlassen. Dafür erhöhten die Kläger die ortsübliche Vergleichsmiete nicht gesondert. In den Streitjahren 2006 bis 2010 machten sie in ihren Einkommensteuererklärungen Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung geltend. Für die mitvermieteten Geräte setzten sie AfA in Höhe von 119 EUR pro Monat an. Das Finanzamt erkannte die Werbungskostenüberschüsse teilweise nicht an. Es ging von einer verbilligten Vermietung aus, da der Mietspiegel eine Mietspanne pro Quadratmeter und Monat von 5,60 EUR bis 5,75 EUR vorsah. Auch die Klage vor dem FG hatte überwiegend keinen Erfolg. Nach dessen Auffassung sei bei der Ermittlung der Kaltmiete ein Möblierungszuschlag für die Einbauküche und die Nutzungsmöglichkeit von Waschmaschine und Trockner in Höhe der monatlichen AfA zuzüglich eines Gewinnaufschlags von 4 % hinzuzurechnen. Der Bundesfinanzhof widersprach nun dieser Meinung mit seinem Urteil. Es sei richtig, wenn für die Überlassung von möblierten oder teilmöblierten Wohnungen grundsätzlich ein Möblierungszuschlag angesetzt wird. Durch die Möblierung genießt der Mieter einen gesteigerten Nutzungswert, der sich gewöhnlich auch in einer höheren ortsüblichen Miete niederschlägt. Zur Ermittlung der ortsüblichen Miete ist der örtliche Mietspiegel heranzuziehen. Sieht dieser beispielsweise für überlassene Einrichtungsgegenstände einen prozentualen Zuschlag oder eine Erhöhung des Ausstattungsfaktors über ein Punktesystem vor, gilt diese Erhöhung als marktüblich. Lässt sich dem Mietspiegel hierzu nichts entnehmen, ist ein am örtlichen Mietmarkt realisierbarer Möblierungszuschlag zu berücksichtigen. Ist auch dieser nicht ermittelbar, muss auf die ortsübliche Marktmiete ohne Möblierung abgestellt werden. Der Bundesfinanzhof betont, dass eine Ableitung des Möblierungszuschlags aus dem Monatsbetrag der linearen AfA für die überlassenen Möbel und Einrichtungsgegenstände nicht zulässig ist. Auch darf kein prozentualer Mietrenditeaufschlag vorgenommen werden. Im Streitfall verwies der Bundesfinanzhof die Sache an das FG zurück. Dieses hat festzustellen, ob die Überlassung einer Einbauküche zu den Ausstattungsmerkmalen des städtischen Mietspiegels gehört.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Aussetzung der Vollziehung von Nachzahlungszinsen

Da der Bundesfinanzhof an der Verfassungsmäßigkeit von Nachzahlungszinsen für Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2015 zweifelte, gewährte er mit Beschluss vom 25.04.2018 (IX B 21/18) nach summarischer Prüfung im zugrunde liegenden Fall die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Nach seiner Auffassung überschreite der gesetzlich festgelegte Zinssatz gemäß § 238 Absatz 1 Satz 1 AO angesichts des bereits zu dieser Zeit eingetretenen niedrigen Marktzinsniveaus den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität. Analog entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 03.09.2018 (VIII B 15/18). Demzufolge müsse sich die AdV auch für vorangehende streitige Verzinsungszeiträume ab November 2012 erstrecken, da die Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes für Verzinsungszeiträume nach 2009 bereits Gegenstand zweier Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht sei. Zu diesen beiden Urteilen nahm das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 14.12.2018 Stellung. Demnach sind die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 25.04.2018 und vom 03.09.2018 für Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2012 anzuwenden, jedoch nur auf Antrag des Zinsschuldners. Dies gilt demzufolge für alle Fälle, in denen gegen eine vollziehbare Zinsfestsetzung nach § 238 Absatz 1 Satz 1 AO Einspruch eingelegt wurde. Steuerart und Besteuerungszeitraum sind dabei unerheblich. Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes kann ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen, wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige Härte zur Folge hätte und wenn im Einzelfall ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers vorliegt. Dabei ist stets gegen die öffentlichen Belange abzuwägen. Hierbei sind vor allem die Auswirkungen einer AdV hinsichtlich des Gesetzesvollzugs und des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung zu bedenken. Für Verzinsungszeiträume vor dem 01.04.2012 stellt das Bundesministerium der Finanzen klar, dass bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dem bestehenden Geltungsanspruch der formell verfassungsmäßig zustande gekommenen Zinsvorschriften der Vorrang einzuräumen ist. Die AdV ist nur in besonderen Härtefällen zu gewähren. Anderenfalls würde dies im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung der geltenden Zinsvorschriften führen. Zudem sei angesichts der bisherigen Nichtannahmebeschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zur Verzinsungsregelung ungewiss, ob dieses den Zinssatz von 0,5 Prozent pro Monat bei einer neuerlichen Prüfung unter Berücksichtigung der weiteren Marktzinsentwicklung als verfassungswidrig einstufen wird. In dem Zusammenhang betont das Bundesministerium der Finanzen ausdrücklich, dass die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder die Verfassungsmäßigkeit des § 238 Absatz 1 Satz 1 AO nicht anzweifeln. Die Regelungen dieses Schreiben treten mit sofortiger Wirkung an die Stelle des BMF-Schreibens vom 14.06.2018.
Siehe auch: News vom 22.07.2018
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz