2017
Pauschale Einkommensteuer auf Geschenke unterliegt Abzugsverbot
Die Übernahme der pauschalen Einkommensteuer für ein Geschenk unterliegt als weiteres Geschenk dem Abzugsverbot, soweit bereits der Wert des Geschenks selbst oder zusammen mit der übernommenen Steuer den Betrag von 35 EUR übersteigt. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 30.03.2017. Das Abzugsverbot soll verhindern, dass unangemessener Repräsentationsaufwand auf die Allgemeinheit abgewälzt wird und dient der Bekämpfung des Spesenunwesens. Um Geschäftsbeziehungen zu fördern oder Neukunden zu gewinnen, ist es üblich, Geschäftspartner zu kulturellen und sportlichen Veranstaltungen einzuladen. Derartige Geschenke können beim Empfänger zu einkommensteuerpflichtigen Einnahmen führen. Da der Zweck des Geschenkes damit verfehlt würde, ist es dem Schenkenden gestattet, die auf das Geschenk entfallende Einkommensteuer des Beschenkten zu übernehmen. Beim Schenkenden wird die Steuer mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erhoben. Allerdings kommt es durch die Übernahme der Versteuerung beim Beschenkten zu einem zusätzlichen "Steuergeschenk". Dieses darf der Schenkende nicht als Betriebsausgabe abziehen. Im Urteilsfall hatte ein Konzertveranstalter in größerem Umfang Freikarten an Geschäftspartner verteilt. Einen Teil der hierfür entstandenen Aufwendungen behandelte er als Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG und führte eine pauschale Einkommensteuer an das Finanzamt ab. Dieses versagte jedoch dafür Abzug als Betriebsausgabe. Der Bundesfinanzhof stimmte dem zu und stellte in seinem Urteil klar, dass die für die verschenkten Freikarten übernommene Steuer als weiteres Geschenk zu werten ist. Zählt die verschenkte Freikarte zum unangemessenen Repräsentationsaufwand, gilt das auch für die übernommene Steuer. Das Abzugsverbot ist auch dann anzuwenden, wenn die Betragsgrenze von 35 EUR erst aufgrund der Höhe der Pauschalsteuer überschritten wird.
Anmerkung: Zwischenzeitlich hat die Finanzverwaltung mitgeteilt, dass sie das Urteil über den Einzelfall hinaus nicht anwendet und die pauschale Steuer nicht in die Betragsgrenze von 35 EUR einbezogen wird.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Bildung von Rückstellungen für Entsorgungspflichten nach dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz
Das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) besagt, dass Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten verpflichtet sind, nach dem 13.08.2005 in Verkehr gebrachte Geräte abzuholen und zu entsorgen. Gemäß dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25.01.2017 können allerdings für diese Pflichten erst Rückstellungen gebildet werden, wenn sie sich durch den Erlass einer Abholanordnung nach § 16 Abs. 5 ElektroG hinreichend konkretisiert haben. Die Abholanordnung ist ein gesetzeskonkretisierender Rechtsakt. Nach dem ElektroG müssen sich Gerätehersteller bei einer sogenannten Gemeinsamen Stelle der Hersteller registrieren lassen und dort die in Verkehr gebrachten Geräte melden. Die Gemeinsame Stelle ermittelt den Umfang der Abholpflichten, erlässt im Rahmen einer Beleihung Abholanordnungen und koordiniert die Bereitstellung von Sammelbehältern sowie die Abholung der Geräte. In dem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall handelte es sich um eine Herstellerin von Energiesparlampen. Für die von ihr in Verkehr gebrachten Geräte hatte sie Rückstellungen gebildet, weil sie der Auffassung war, dass sich die Abhol- und Entsorgungspflicht unmittelbar aus dem ElektroG ergebe. Der Bundesfinanzhof stellte mit seinem Urteil nun klar, dass sich die Abhol- und Entsorgungsverpflichtung der Hersteller erst durch den Erlass einer zusätzlichen Abholverfügung hinreichend konkretisiert. Auch die alleinige Anmeldung der verkauften Lampen bei der Gemeinsamen Stelle reicht nicht aus. Die Rückstellungsbildung war demzufolge im strittigen Fall mangels noch nicht erlassener Abholanordnung ausgeschlossen. Des Weiteren verwies der Bundesfinanzhof darauf, dass für die vor dem 13.08.2005 in Verkehr gebrachten Energiesparlampen die Verpflichtung zur Entsorgung aufgrund nicht ausreichenden Vergangenheitsbezugs nicht zu Rückstellungen berechtigt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Absetzungen für Abnutzung beim Erwerb von Vertragsarztpraxen
Die Vertragsarztzulassung vermittelt ein höchstpersönliches, öffentlich-rechtliches Statusrecht, das dazu berechtigt, gesetzlich krankenversicherte Patienten zu behandeln und die Leistungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen. Sie darf beim Erwerb einer Praxis nicht vom Zulassungsinhaber direkt an den Erwerber veräußert werden. In zulassungsbeschränkten Gebieten kann sie in einem sogenannten Nachbesetzungsverfahren erteilt werden. In dem Zusammenhang stellte der Bundesfinanzhof mit zwei Urteilen vom 21.02.2017 klar, dass beim Erwerb nur der Vertragsarztzulassung keine Absetzungen für Abnutzung (AfA) zulässig sind. Der Erwerbsgegenstand muss die gesamte Praxis (Praxiswert, Inventar) sein. Der Bundesfinanzhof begründete dies damit, dass die Vertragsarztzulassung allein nicht abschreibbar ist, da sie keinem Wertverzehr unterliegt. Sie kann von ihrem Inhaber solange er sie inne hat, gleichbleibend in Anspruch genommen werden. Zudem kann er den aus ihr resultierenden wirtschaftlichen Vorteil im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens durch Überleitung auf einen Nachfolger verwerten. Der Wert dieses immateriellen Wirtschaftsgutes erschöpft sich also nicht in einer bestimmten bzw. bestimmbaren Zeit. Wird vom Erwerber einer Vertragsarztpraxis ein Zuschlag zum Verkehrswert (Überpreis) gezahlt, ist davon auszugehen, dass Gegenstand der Übertragung die Praxis des Übergebers als Chancenpaket ist. Der Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt ist dabei im Praxiswert untrennbar als abschreibbares immaterielles Wirtschaftsgut enthalten. Im ersten Fall (VIII R 7/14) erwarb eine fachärztliche Gemeinschaftspraxis die Vertragsarztpraxis eines Kassenarztes. Sie übernahm einige Mitarbeiter und das Patientenarchiv, nicht aber die Praxisräume. Der Kaufpreis basierte auf den durchschnittlichen Einnahmen aus der Untersuchung und Behandlung der gesetzlich und privat versicherten Patienten samt eines Zuschlags. Die Zahlung war abhängig von der erfolgreichen Zulassung der Einzelpraxis an eine Gesellschafterin der Gemeinschaftspraxis in einem Nachbesetzungsverfahren. Entgegen der Auffassung des Finanzamts stellte der Bundesfinanzhof klar, dass der Erwerb einer Praxis als Chancenpaket auch vorliegt, wenn eine Gemeinschaftspraxis (Personengesellschaft) eine Einzelpraxis erwirbt und die Vertragsarztzulassung des Einzelpraxisinhabers vom Zulassungsausschuss einem Gesellschafter der Personengesellschaft erteilt wird. Die ärztliche Tätigkeit in den bisherigen Räumen des Einzelpraxisinhabers fortzusetzen, ist dabei nicht maßgeblich. Der Bundesfinanzhof bejahte in diesem Streitfall die AfA-Berechtigung auf den Praxiswert und die übrigen erworbenen Wirtschaftsgüter der Praxis. Im zweiten Fall (VIII R 56/14) schloss der Inhaber einer Einzelpraxis mit dem Neugesellschafter einer Gemeinschaftspraxis einen sogenannten Praxisübernahmevertrag. Dieser stand ebenfalls unter der Bedingung der erfolgreichen Überleitung der Vertragsarztzulassung auf den Erwerber. In dem Fall verneinte allerdings der Bundesfinanzhof die AfA-Berechtigung des Erwerbers, da dieser zwar den Patientenstamm gekauft, aber weder die Patientenkartei noch andere Wirtschaftsgüter des Anlage- und Umlaufvermögens übernommen hatte. Offenbar war er nur an dem wirtschaftlichen Vorteil aus der auf ihn überzuleitenden Vertragsarztzulassung interessiert.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Das bloße Aufgreifen einer Gestaltungsidee rechtfertigt nicht die Annahme eines Steuerstundungsmodells
Wie der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 17.01.2017 entschied, führt das bloße Aufgreifen einer in Fachkreisen bekannten Gestaltungsidee nicht ohne Weiteres zu der Annahme eines Steuerstundungsmodells. Für ein solches ist Voraussetzung, dass auf ein vorgefertigtes Konzept zurückgegriffen wird. Dieses muss von einer vom Steuerpflichtigen verschiedenen Person (Anbieter/Initiator) erstellt worden sein. Charakteristisch ist dabei die Passivität des Steuerpflichtigen (Investor/Anleger) bei der Entwicklung der Geschäftsidee und der Vertragsgestaltung. Setzt aber dieser eine von ihm selbst oder von seinem Berater entwickelte oder modifizierte und individuell angepasste Investition um, handelt sich um eine individuelle Gestaltung der Investition. Diese ist weder von § 15b EStG erfasst, noch als vom Gesetz missbilligte Gestaltung zur Vermeidung der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG anzusehen. Die eindeutige Feststellung, ob ein Steuerstundungsmodell vorliegt, ist insofern wichtig, weil Verluste aus Steuerstundungsmodellen nur sehr beschränkt verrechnet werden können. Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell mindern nur Einkünfte, die der Steuerpflichtige in Folgejahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Eine Verrechnung mit anderen Einkünften ist ausgeschlossen. Im Urteilsfall hatte die Klägerin, eine GmbH & Co, über die Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft eine zu 100 % fremdfinanzierte Inhaberschuldverschreibung mit indexbezogener Bonuszinsabrede erworben. Hierzu hatte sie einen Rechtsanwalt beauftragt. Dieser erstellte Berechnungen zur Vorteilhaftigkeit einer entsprechenden Investition an. Zudem führte er konkrete Verhandlungen über die Konditionen der Schuldverschreibung und des der Finanzierung dienenden Darlehens unter Berücksichtigung der individuellen wirtschaftlichen und steuerlichen Verhältnisse der Klägerin. Im Streitjahr 2006 führte die Zahlung der Darlehenszinsen und des Disagios zu einem erheblichen Verlust, den die Klägerin uneingeschränkt geltend machte. Finanzamt und FG erkannten das nicht an und unterwarfen den Verlust der Verrechnungsbeschränkung eines Steuerstundungsmodells im Sinne des § 15b EStG. Der Bundesfinanzhof widersprach dieser Auffassung. Er stellte klar, dass es für die Annahme eines Steuerstundungsmodells nicht genügt, dass eine rechtliche Gestaltung vorliegt. Auch, wenn diese auf steuerliche Vorteile durch Verlustabzug/-verrechnung ausgelegt ist und ohne die Möglichkeit einer sofortigen Verlustverrechnung nicht gewählt worden wäre. Voraussetzung für die Annahme eines Steuerstundungsmodells ist stets die Nutzung eines vorgefertigten Konzeptes. Das bedeutet, dass eine von einem Anbieter abstrakt entwickelte Investitionskonzeption am Markt zur Verfügung steht, auf die der Anleger lediglich noch zugreifen muss. Wenn aber der Anleger - wie im Streitfall - eine von ihm selbst bzw. seinem Berater entwickelte und individuell angepasste Investition tätigt, fehlt dieses vorgefertigte Konzept.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Häusliches Arbeitszimmer eines Selbständigen
Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 22.01.2017, dass bei einem Selbständigen nicht jeder Schreibtischarbeitsplatz in seinen Betriebsräumen zwangsläufig einen zumutbaren anderen Arbeitsplatz im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG darstellt. Das bedeutet nach dieser Vorschrift, dass das grundsätzliche Abzugsverbot der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht gilt, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer, außerhäuslicher Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Im strittigen Fall betrieb der Kläger als selbständiger Logopäde zwei Praxen in angemieteten Räumen. Diese wurden überwiegend von seinen vier Angestellten genutzt. Seine Verwaltungsarbeiten erledigte er im häuslichen Arbeitszimmer, da die zu bearbeitenden Unterlagen teilweise vertraulich, häufig termingebunden und umfangreich waren. Während das Finanzamt der Auffassung war, dass der Kläger seine Verwaltungsaufgaben hätte dennoch in den Praxen erledigen können, gab ihm das FG Recht. Aufgrund der konkreten Umstände sei es nicht zumutbar, auch außerhalb der Öffnungszeiten, die Praxisräume für die Büroarbeiten zu nutzen. Daher seien die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer begrenzt mit höchstens 1.250 € abzugsfähig. Begrenzt deshalb, weil das Arbeitszimmer unstrittig nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers bildete. Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Entscheidung. Die Nutzung des Arbeitsplatzes darf nicht derart eingeschränkt sein, dass der Steuerpflichtige in seinem häuslichen Arbeitszimmer einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit verrichten muss und somit auf dieses angewiesen ist. Das ist im Einzelfall durch das FG anhand objektiver Umstände zu klären. Neben der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes (Größe, Lage, Ausstattung) sind auch die Rahmenbedingungen seiner Nutzung (Umfang der Nutzungsmöglichkeit, Zugang zum Gebäude, zumutbare Möglichkeit der Einrichtung eines außerhäuslichen Arbeitszimmers) zu bewerten. Im Streitfall ergab sich aus den tatsächlichen Gegebenheiten eine Unzumutbarkeit der Nutzung der Praxisräume als außerhäusliches Arbeitszimmer. Dem Kläger stand demzufolge der begrenzte Betriebsausgabenabzug für das häusliche Arbeitszimmer zu.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz