2018

Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Leerstand einer Wohnung

Kann ein Steuerpflichtiger eine in seinem Eigentum stehende Wohnung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dauerhaft nicht in einen betriebsbereiten Zustand versetzen und zur Vermietung bereitstellen, ist bei der Gesamtwürdigung aller Tatsachen das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht zu überprüfen. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 31.01.2017 (IX R 17/16). Im Streitfall erwarben die Kläger, ein zusammen veranlagtes Ehepaar, im Jahr 1993 eine Eigentumswohnung und wurden zugleich Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft. Das gesamte Gebäude bestand aus sechs Wohnungen. Bereits seit 1993 befand es sich aufgrund eines Sanierungsstaus in einem desolaten und maroden Zustand. Nach anfänglicher Vermietung stand die Wohnung der Kläger seit 1999 durchgängig leer. Die von der Eigentümergemeinschaft im Jahr 1999 beschlossene Durchführung von Instandsetzungsarbeiten scheiterte, weil die dazu nötige Sonderumlage nicht von allen Eigentümern gezahlt wurde. Im Jahr 2005 war die Sanierung nur zu 50 % realisiert. Aufgrund ungeklärter Eigentümerverhältnisse, fehlender Bereitschaft sowohl der Bank als auch der übrigen Eigentümer sowie eines Untreuefalls konnte die Sanierung nicht fortgesetzt werden. Der Versuch der Kläger, 1999 mittels Hausverwaltung und 2008 mittels eines Maklers die desolate Wohnung zu vermieten, konnte nur ins Leere laufen. Im Jahr 2012 stellte sich heraus, dass ein weiterer Anlauf zur Sanierung mangels Erreichbarkeit der übrigen Eigentümer nicht möglich war. Eine Eigentümerversammlung im November 2014 beschloss zwar Sanierungsmaßnahmen, diese wurden aber wiederum nicht durchgeführt. Die Kläger erklärten in den Streitjahren 2006 bis 2010 insgesamt negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 36.737 EUR. Diese erkannte das Finanzamt jedoch nicht an. Einspruch und Klage waren erfolglos. Das FG gelangte anhand der Feststellungen zu der Überzeugung, dass die Kläger die Einkünfteerzielungsabsicht endgültig aufgegeben haben. Dabei würdigte das FG durchaus, dass sich die Kläger um eine Sanierung und damit Fertigstellung der Wohnung bemüht hatten. Allerdings ohne Erfolg, da sie auf das Zutun der Miteigentümer angewiesen waren. Spätestens seit 2005 war es nicht möglich, die Vermietbarkeit der Wohnung herzustellen. Dieser Zustand der fehlenden Betriebsbereitschaft war also auch nicht vorübergehend, sondern dauerte seit mehr als 17 Jahren an und ein Ende konnte auch nicht konkret abgeschätzt werden. Diese Gesamtwürdigung der Umstände durch das FG mit der Folge der Ablehnung des Abzugs von Werbekosten aus Vermietung und Verpachtung wurde seitens des Bundesfinanzhofs nicht beanstandet.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Vom Nießbraucher getragene Erhaltungsaufwendungen im Sinne des § 82b EStDV dürfen nicht nach dessen Tod durch den Eigentümer abgezogen werden

Hat ein Nießbraucher größere Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt und wird der Nießbrauch durch seinen Tod innerhalb des Verteilungszeitraums beendet, darf der Eigentümer den verbliebenen Teil der Erhaltungsaufwendungen nicht als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abziehen. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 13.03.2018 (IX R 22/17). Im strittigen Fall hatte die Mutter dem Kläger 2010 unentgeltlich das Eigentum an zu Wohnzwecken vermieteten Immobilien übertragen. Sie behielt sich jeweils den lebenslangen Nießbrauch vor. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dieser Objekte wurden weiter bei ihr erfasst. Im Jahr 2013 ließ die Mutter umfangreiche Erhaltungsmaßnahmen an den Immobilien durchführen. Für den steuerlichen Abzug der Erhaltungsaufwendungen beantragte sie eine Verteilung auf fünf Jahre. Im Januar 2014 verstarb die Mutter. Der Kläger als alleiniger Erbe nahm an, dass die Absetzungsbefugnis für die verbliebenen Abzugsbeträge auf ihn übergeht. Finanzamt und FG folgten dieser Überlegung nicht. Auch der Bundesfinanzhof stellte klar, dass dafür die erforderliche Rechtsgrundlage fehlt. Durch den Tod der Vorbehaltsnießbraucherin erlosch der Nießbrauch. Der Kläger als Eigentümer trat kraft Gesetzes als Vermieter der Objekte in die sich aus den Mietverhältnissen ergebenden Rechte und Pflichten ein und erzielte daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Allerdings ermöglicht die Regelung des § 11d Abs. 1 Satz 1 EStDV für die nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen weder in direkter Anwendung noch analog einen interpersonellen Übergang auf den Kläger. Der verbliebene Teil der Erhaltungsaufwendungen hätte bei den Einkünften der verstorbenen Nießbraucherin im Veranlagungszeitraum der Beendigung des Nießbrauchs (hier 2014) abgezogen werden müssen. Bereits mit Beschluss vom 17.12.2007 hat der Bundesfinanzhof zu dieser Problematik Stellung bezogen. Er stellte klar, dass ein Übergang von Verlusten auf den Erben mit dem der Einkommensteuer zugrunde liegenden Grundsatz der Individualbesteuerung und dem Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit unvereinbar ist. Bei Gestaltungsüberlegungen betagter Steuerpflichtiger sollten daher auch die Vorteile eines Sofortabzugs einbezogen werden.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung bei der Differenzbesteuerung

Der Bundesfinanzhof reichte am 07.02.2018 (XI R 7/16) einen Vorlagebeschluss an den Gerichtshof der Europäischen Union ein. Dieser soll klären, ob für die Kleinunternehmerregelung in Fällen der sogenannten Differenzbesteuerung auf die Handelsspanne abzustellen ist. Die Entscheidung ist für die Umsatzbesteuerung im Handel mit gebrauchten Gegenständen von großer Bedeutung. Bislang wird bei Kleinunternehmern die Steuer nach § 19 UStG nicht erhoben, wenn der Umsatz zuzüglich Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17 500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. Im Streitfall betrugen die Umsätze des Klägers, ein Gebrauchtwagenhändler, bei einer Berechnung nach Verkaufspreisen 27.358 € (2009) und 25.115 € (2010). Der Kläger ermittelte die Bemessungsgrundlage demgegenüber gemäß § 25a Abs. 3 UStG nach der Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis (Handelsspanne) mit 17.328 € und 17.470 €. Er nahm deshalb an, dass er Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG sei und keine Umsatzsteuer schulde. Das Finanzamt versagte allerdings die Anwendung der Kleinunternehmerregelung für das Jahr 2010. Es bezog sich auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 16.06.2009. Dieses regelt, dass ab 01.01.2010 die vereinnahmten Entgelte für die Einordnung als Kleinunternehmer zugrunde zu legen sind. Danach habe der Gesamtumsatz des Klägers im vorangegangenen Kalenderjahr 2009 über der Grenze von 17.500 € gelegen. Das FG gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt. Es entschied, dass in Fällen der Differenzbesteuerung die vereinnahmten Entgelte, die über die Differenzbeträge hinausgingen, bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG unberücksichtigt zu lassen seien. Zu dieser Auffassung neigt auch der Bundesfinanzhof. Er zweifelt an der Auslegung des Art. 288 Satz 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 durch das Bundesministerium der Finanzen. Deshalb hält er eine Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union für erforderlich, ob für die Kleinunternehmerregelung in Fällen der Differenzbesteuerung auf die Handelsspanne abzustellen ist. Bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union bleibt das Revisionsverfahren ausgesetzt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Reparatur eines Hoftors gilt als Leistung „im Haushalt“

Mit seinem Urteil vom 27.07.2017 entschied das FG Berlin-Brandenburg, dass die Reparatur eines Hoftors in einer Tischlerei im räumlichen Bereich erbracht wird. Auch die Arbeitskosten, die in der Tischlerei für die Reparatur anfallen, können als Handwerkerleistungen geltend gemacht werden. Im Streitfall hatte die Klägerin durch eine Tischlerei das Hoftor reparieren lassen. Dafür hatte die Tischlerei das Hoftor ausgebaut, in der Tischler-Werkstatt repariert und anschließend wieder eingebaut. Das Finanzamt lehnte eine steuerliche Berücksichtigung ab, da die Reparaturarbeiten in der Werkstatt erfolgt und somit „nicht haushaltsnah“ seien. Im Gegensatz dazu vertritt das FG die Auffassung, dass der Begriff „im Haushalt“ räumlich-funktional auszulegen ist. Die Grenzen des Haushalts im Sinne des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG werden demzufolge nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Auch Handwerkerleistungen jenseits der Grundstücksgrenze können steuerlich berücksichtigte werden, sofern sie in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn ein Hoftor in der Tischlerei repariert wird, auch wenn ein Teil der Leistungen deshalb außerhalb des Grundstücks erbracht werden muss. Der Leistungserfolg tritt dennoch im Haushalt des Steuerpflichtigen ein. Das Finanzamt hat gegen diese Entscheidung unter dem Aktenzeichen VI R 4/18 Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Keine begünstigte Handwerkerleistung bei Baukostenzuschuss für öffentliche Mischwasserleitung

Der gesetzlich vorausgesetzte räumlich-funktionale Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen ist nicht gegeben, wenn für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes ein Baukostenzuschuss erhoben wird. Demzufolge kann dafür keine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen in Anspruch genommen werden. Dies entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 21.02.2018 (VI R 18/16). Im Streitfall wurden die Kläger im Jahr 2011 an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage (zentrale Kläranlage) angeschlossen. Zuvor erfolgte die Entsorgung des Abwassers über eine Sickergrube auf ihrem Grundstück. Für die Herstellung der erforderlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes erhob der Abwasserzweckverband im Streitjahr 2012 einen als Baukostenzuschuss bezeichneten Betrag in Höhe von 3.896,60 €. Die Kläger machten davon einen geschätzten Lohnanteil in Höhe von 2.338 € als Handwerkerleistung geltend. Während das FG diesem Begehren stattgab, wies der Bundesfinanzhof die Klage ab. Er bestätigte, dass sich die tarifliche Einkommensteuer nach § 35a Abs. 3 EStG um 20 % (maximal 1.200 €) der Arbeitskosten für bestimmte in Anspruch genommene Handwerkerleistungen ermäßigt. Dies gilt auch für Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf öffentlichem Grund erbracht werden. Voraussetzung dabei ist jedoch, dass die Handwerkerleistung in unmittelbarem, räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden muss und dem Haushalt des Steuerpflichtigen dienen muss. Diese Voraussetzung ist aber nicht gegeben, wenn für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes ein Baukostenzuschuss erhoben wird. Denn im Unterschied zum Hausanschluss kommt der Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugute. Die Leistungen werden somit nicht im Haushalt erbracht. Unerheblich ist in dem Zusammenhang, dass der Baukostenzuschuss, wie im Streitfall, beim erstmaligen Grundstücksanschluss an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage erhoben wird. Alleinig entscheidend im Streitfall ist, dass der Baukostenzuschuss für die Neuverlegung der öffentlichen Mischwasserleitung und nicht für den eigentlichen Haus- bzw. Grundstücksanschluss erhoben wurde.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz