Vollzeiterwerbstätigkeit schließt Berücksichtigung als Kind im Familienleistungsausgleich nicht aus

von Björn Keller

Gemäß Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28.02.2013 steht eine Vollzeiterwerbstätigkeit der Berücksichtigung als Kind im Sinne des § 32 Abs. 4 EStG nicht entgegen. Dies trifft beispielsweise zu, wenn das Kind nach dem Abitur auf einen Studienplatz wartet und die Wartezeit mit einer Vollzeiterwerbstätigkeit überbrückt. Es gilt aber auch dann, wenn das Kind sich aus einer mehrjährigen Berufstätigkeit heraus um eine weitere Berufsausbildung bemüht, diese jedoch aus studienorganisatorischen Gründen nicht sofort antreten kann und bis dahin weiterarbeitet. Im entschiedenen Fall hatte die volljährige Tochter des Klägers im März 2009 eine Aufnahmebestätigung für eine berufsbildende Schule erhalten, die sie ab dem 24.08.2009 besuchte. Bis dahin erzielte sie Einkünfte aus einer Vollzeitbeschäftigung im öffentlichen Dienst. Danach arbeitete sie in Teilzeit parallel zur Schule weiter, wofür sie monatlich 500 EUR brutto erhielt. Der Kläger beantragte für die Monate August bis Dezember 2009 Kindergeld. Die Familienkasse lehnte den Antrag ab, da die Tochter ab März zunächst gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG als Kind auf Ausbildungsplatzsuche gelte und ab August gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Kind in Berufsausbildung zu berücksichtigen sei. Die in diesem Zeitraum bezogenen Einkünfte und Bezüge lägen über dem anteiligen Grenzbetrag. Das FG hingegen war nicht der Ansicht, dass die Tochter von März bis August als Kind auf Arbeitsplatzsuche gelte. Die von der Familienkasse zitierte Vorschrift sei nicht anzuwenden, wenn sich ein Kind in einer Vollzeitbeschäftigung befände und sich aus dieser Situation heraus für eine weitere Berufsausbildung bewerben würde. Der Bundesfinanzhof folgte dem Urteil des FG nicht und hob es auf. Der § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG gelte nicht nur dann, wenn das Kind noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat, sondern auch dann, wenn ihm ein Ausbildungsplatz bereits zugesagt wurde, es diesen aber aus schul-, studien- oder betriebsorganisatorischen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt antreten kann. Im Streitfall war die Tochter des Klägers also auch in den Monaten März bis August 2009 als Kind zu berücksichtigen. Zur Klärung, ob der Grenzbetrag überschritten ist, sind demzufolge alle Einkünfte und Bezüge der Tochter aus den Monaten März bis Dezember 2009 einzubeziehen. Sollte sich die Tochter bereits vor März 2009 beworben haben und damit noch in weiteren Monaten als Kind zu berücksichtigen sein, wären auch die Einkünfte und Bezüge dieser Monate zu ermitteln. Diese Feststellungen hat das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

Anmerkung: Das Urteil bezieht sich auf die bis 31.12.2011 geltende Rechtslage. Ab dem Veranlagungszeitraum 2012 kann es nur auf Fälle übertragen werden, in denen das Kind noch keine erstmalige Berufsausbildung bzw. ein Erststudium abgeschlossen hat.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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