Kein anteiliger Erwerb eines zur Erbmasse gehörenden Grundstücks bei entgeltlichem Erwerb eines Miterbenanteils
von Björn Keller
Der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft führt nicht zur anteiligen Anschaffung eines zum Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks. Demzufolge fällt hierauf keine Einkommensteuer an. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit seinem Urteil vom 26. September 2023 (IX R 13/22). Im Streitfall gehörten mehrere Grundstücke zum Vermögen einer Erbengemeinschaft. Die Erblasserin war 2015 verstorben. Der Kläger ist Erbe mit einem Erbanteil von 52 %. Weitere Erben zu jeweils 24 % sind die Kinder der Erblasserin, die zugleich als Nacherben nach dem Kläger festgelegt wurden. Im April 2017 traten die Kinder der Erblasserin ihr Nacherbenanwartschaftsrecht an dem Erbteil des Klägers an ihn ab. Der Kläger übernahm die sofortige Alleinberechtigung mit allen Rechten und Pflichten. Kurz danach übertrugen die Kinder der Erblasserin mit notarieller Urkunde ihren Erbanteil an einen Dritten. In Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts erwarb der Kläger im Oktober 2017 diese Erbanteile ebenfalls notariell beurkundet. Zugleich wurde die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt. Im Februar 2018 veräußerte der Kläger den Grundbesitz. Das Finanzamt ging davon aus, dass hinsichtlich des Erwerbs der Erbanteile von dem Dritten eine anteilige entgeltliche Anschaffung des Grundbesitzes in Höhe von 48 % durch den Kläger vorliege. Zudem handele es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft, da zwischen dem Erwerb und dem Verkauf weniger als zehn Jahre lagen. Es besteuerte den Verkauf mit Bezug auf § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Auch die dagegen erhobene Klage beim zuständigen Finanzgericht war nicht erfolgreich. Dem widersprach der Bundesfinanzhof nun in seinem Urteil, indem er darlegte, dass die Voraussetzung für eine Besteuerung fehle. Das veräußerte Vermögen hätte zuvor auch angeschafft worden sein müssen. Mit Hinblick auf den Kauf von Anteilen an einer Erbengemeinschaft bezüglich des zum Nachlass gehörenden Vermögens ist dies aber nicht der Fall. Im Oktober 2017 hatte der Kläger die Erbanteile der beiden Kinder der Erblasserin erworben, somit die quotenmäßig bestimmte Teilhaberschaft an der Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft. Im Februar 2018 veräußerte er den aus dem Nachlass stammenden Grundbesitz. Somit ist keine Einkommensteuer auf die Veräußerung fällig.
Hinweis: Mit dieser Entscheidung ändert der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz