Doppelte Haushaltsführung bei gemeinsamem Haushalt von Eltern und erwachsenen, wirtschaftlich eigenständigen Kindern möglich
von Björn Keller
Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 16.01.2013, dass erwachsene, berufstätige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt wohnen, Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend machen können, sofern ihnen die Zweitwohnung am Beschäftigungsort vordergründig als Schlafstätte dient. Im Streitfall hatte der Kläger, ein 43 Jahre alter promovierter Diplomchemiker, am Beschäftigungsort einen Zweitwohnsitz begründet. Seinen Hauptwohnsitz behielt er im Einfamilienhaus seiner Mutter bei. In diesem nutze er ein Schlaf- und Arbeitszimmer sowie ein Badezimmer allein. Die Küche, das Ess- und Wohnzimmer nutzten er und seine Mutter gemeinsam. Vergeblich machte er die Kosten für den Zweitwohnsitz als Werbungskosten geltend. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Der Bundesfinanzhof hob nun die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Grundsätzlich kann ein Arbeitnehmer notwendige Mehraufwendungen, die ihm wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten steuerlich absetzen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Bei erwachsenen, wirtschaftlich eigenständigen Kindern ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Mittelpunkt der Lebensführung noch am Heimatort ist, dort der Haupthausstand geführt wird und die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmt wird. Diese Regelvermutung gilt insbesondere, wenn die Wohnung am Beschäftigungsort im Wesentlichen nur als Schlafstätte dient. Keinen eigenen Hausstand unterhält nach der bisherigen Rechtsprechung, wer in den Haushalt der Eltern eingegliedert ist, ohne die Haushaltsführung wesentlich mitzubestimmen. Das gilt insbesondere für junge Arbeitnehmer, die nach Beendigung ihrer Ausbildung, wenn auch gegen Kostenbeteiligung, weiterhin im Haushalt der Eltern ein Zimmer bewohnen. Da bei einem erwachsenen und wirtschaftlich eigenständigen Kind aber grundsätzlich davon auszugehen ist, dass es die gemeinsame Haushaltsführung mit den Eltern oder einem Elternteil wesentlich mitbestimmt, kann es deshalb im elterlichen Haushalt auch einen „eigenen Hausstand“ unterhalten und eine steuerliche doppelte Haushaltsführung begründen. Einer gleichmäßigen Beteiligung des Kindes an den laufenden Haushalts- und Lebenshaltungskosten bedarf es hierfür nicht. Das FG muss sich nun dem Fall erneut widmen und die konkreten Umstände feststellen und berücksichtigen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
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